Dein Problem ist nicht selten. Ich persönlich habe die Erfahrung gemacht, dass noch niemand mit Red Hat, Mandrake, SuSE, Knoppix oder $ANDERE_BENUTZERFREUNDLICHE_DISTRIBUTION glücklich geworden ist. Diese Distributionen zielen so sehr darauf ab, möglichst Windows-ähnlich zu sein, dass man von Linux nicht mehr viel erkennt. Das ist ja nicht weiter schlimm, aber unglücklicherweise schleichen sich damit auch die ganzen Bugs und Designfehler mit ein.
Also, warum Linux und nicht UNIX: es gibt hierauf nicht wirklich eine Antwort. Das Original-UNIX, das im AT&T-Labor entwickelt wurde, ist nicht frei. Das heißt, man hat nicht die rechtlichen Möglichkeiten, über die man in Linux verfügt. Linux unterliegt der GNU General Public License, was soviel aussagt wie: man darf damit alles machen, solange man diese Rechte anderen nicht nimmt. Du kannst also Linux nach Belieben verändern und weitergeben, solange du den Quellcode zur Verfügung stellst.
Die Unterschiede: du sagtest, Linux basiert auf UNIX. Das ist so nicht korrekt. Linux basiert auf dem UNIX-Konzept, ist aber sonst eine unabhängige Entwicklung. Es gab in der Zwischenzeit Neuentwicklungen, die ebenfalls darauf abzielen, UNIX-ähnlich zu sein, aber auch frei oder zumindest Open Source. Beispiele sind FreeBSD und OpenBSD. Diese sind ebenfalls unabhängig von Unix und gleichermaßen von Linux.
Warum also Linux benutzen und nicht den Vater? Die simpelste Antwort darauf: es gibt keinen wirklichen Grund. Tatsache ist, dass Linux wesentlich rapider entwickelt und umfangreicher unterstützt wird. Man bekommt heute für den größten Teil der Hardware Linux-Unterstützung. Das ist bei BSD leider nicht der Fall und beim Original-UNIX schon gar nicht.
Welche Linux-Distribution: das ist bei Weitem die am schwierigsten zu beantwortende Frage. Es gibt hierfür leider keine universelle Antwort. Am besten ist es, man probiert einfach mal einige durch. Bei dem einen oder anderen System bleibt man dann irgendwann hängen. Du bist jemand, der sein System von A bis Z kennen will. Aus diesem Grund kommen für dich eigentlich nur drei Distributionen in Frage: Debian, Gentoo und Arch Linux.
Debian: diese Distribution zielt darauf ab, ein solides, schnelles System zur Verfügung zu stellen. Es behält trotzdem einigermaßen Benutzerfreundlichkeit und ein anständiges Package-Management (Apt). Ein klarer Vorteil von Debian ist schnelle Installation und einfache Wartung. Es gibt mehrere Versionen von Debian. Woody, welches besonders für den Einsatz in Servern geeignet ist. Nicht gerade topaktuelle Software, sondern solche, die sich über längeren Zeitraum hinweg bewährt hat. Sarge: aktuelle Packages, nicht das Neueste vom Neuesten, aber aktuell genug, um für den Desktop-Einsatz brauchbar zu sein. Sid: still in development - also topaktuelle Packages, die sich noch in der Entwicklungsphase befinden. Bei dieser Version ist keine Stabilität gewährt. Für den Desktop-Benutzer ist wohl Sarge die erste Wahl.
Gentoo: eine Distribution, die es erlaubt, ein System von Alpha bis Omega maßzuschneidern. Das heißt: Pakete werden komplett aus dem Quellcode kompiliert, was natürlich viel Zeit kostet, aber nachher ein System liefert, das komplett auf den Anwender abgestimmt ist. Außerdem ist Gentoo so konzipiert, dass der Anwender genau weiß, wo sich was im System befindet. Es gibt nichts, was dem Anwender verborgen bleibt. Mit Gentoo kommt natürlich auch ein bisschen Verantwortung. Der Benutzer darf nicht kommandozeilenscheu sein und muss sich mit Konfigurationsdateien beschäftigen. Also ein System für Fortgeschrittene. Gentoo kommt mit einem gigantischen Umfang an guter Dokumentation und einer riesigen User-Community. Der Package-Manager heißt Portage und ist weitgehend Apt-ähnlich, mit einigen zusätzlichen Features. Nachteile: 1. Kompilieren nimmt viel Zeit in Anspruch, womit Programminstallationen und Systemupdates etwas länger dauern als bei anderen Distributionen. 2. Unsachgemäßer Umgang liefert ein instabiles System. Finger weg von Features, die man nicht versteht.
Arch Linux: diese Distribution habe ich selbst noch nicht getestet. Merkmale sind aktuelle Packages, die für die i686-Architektur (also Pentium II und höher) optimiert sind. Arch Linux weist gewisse Ähnlichkeiten mit Gentoo auf, aber Pakete werden nicht selbst kompiliert und einige Features von Portage fehlen im Arch-eigenen Package-Manager (Pacman). Wer auf absolute Kontrolle verzichten kann und stattdessen schnelle Installationen/Updates wünscht, für den ist diese Distribution eher geeignet. Auch hier wird vom Benutzer verlangt, dass er nicht kommandozeilenscheu ist.
Ich persönlich nutze Gentoo und bin recht zufrieden damit. Die Forderungen, die du an eine Distribution stellst, erfüllen jedoch alle drei. Ich empfehle dir: probiere zuerst Debian, danach Arch Linux (falls du einen Pentium II oder höher hast), danach Gentoo. Vermutlich wirst du mit allen drei Distributionen zufrieden sein, aber jedes System hat so seine Eigenheiten, die es von den anderen hervorheben. In Debian läuft viel mehr automatisch als in den anderen beiden, was aber dein Wissen über die Hintergründe (wie und warum es funktioniert) nicht stark beeinträchtigen sollte.
Kernel kompilieren: ist einfacher, als es klingt. Du holst dir den Quellcode von Linux (den bekommst du von kernel.org). Dieser kommt mit einem mehr oder weniger kleinen Konfigurationsprogramm, mit dem du ganz genau festlegen kannst, welche Features du in deinem Kernel haben willst und welche nicht. Dazu gehört Hardware-Unterstützung, Netzwerkoptionen (wenn du kein IPv6 brauchst, blähst du deinen Kernel erst gar nicht damit auf) und so weiter. Nachdem du deinen Kernel konfiguriert hast, startest du den Kompiliervorgang. Der dauert je nach Prozessor und RAM eine Weile. Danach kannst du den Kernel installieren und hast einen maßgeschneiderten Kernel laufen.
Die Vorgänge: du bestimmst, welche Teile des Quellcodes kompiliert (in Maschinencode übersetzt) werden. Das hat drei Vorteile: kleinerer, schnellerer und stabilerer Kernel. Stabiler, weil du die Hardwareerkennung für Hardware, die du ohnehin nicht besitzt, einfach deaktivierst.
Linux ist einfach eine eigene Welt. Man kann damit nur glücklich werden, wenn man sich damit befasst. Und hier zählt einfach: Wissen ist Macht.

mm_freak