Genforscher wollen neue Lebensform schaffen
Der Genom-Entschlüssler Craig Venter hat sein neues Projekt vorgestellt: Gemeinsam mit Kollegen will er im Labor einen Organismus erschaffen. Das Kunstwesen könnte die Grundlage für neue Biowaffen bilden.
Das menschliche Genom hat er mit seiner Firma Celera Genomics bereits entschlüsselt. Jetzt schmiedet Craig Venter, der zu Beginn des Jahres als Präsident des Unternehmens zurückgetreten war, schon wieder neue spektakuläre Pläne: Zusammen mit seinem ehemaligen Celera-Mitstreiter, dem Nobelpreisträger Hamilton Smith, will er einen künstlichen Organismus im Labor konstruieren.
Der von Menschenhand erschaffene Einzeller soll gerade so viele Gene besitzen, dass er leben kann. Wenn alles so läuft, wie es sich Venter und Smith vorstellen, dann wird das Minimalwesen beginnen, Nahrung aufzunehmen und sich zu reproduzieren, bis eine ganze Population entstanden ist. Ihr Projekt wollten die beiden Forscher noch am Donnerstag selbst vorstellen, heißt es in einem Bericht der "Washington Post".
Das Vorhaben wirft ethische Fragen auf: So könnte der Organismus, wie die Wissenschaftler gegenüber der Zeitung einräumten, als Grundlage für neue biologische Waffen dienen. Auf der anderen Seite könnte ihre Arbeit aber auch helfen, existierende Biowaffen zu entdecken und zu bekämpfen, argumentieren Venter und Smith. Das Projekt wird der "Washington Post" zufolge vom US-Energieministerium mit drei Millionen Dollar finanziert.
Ganz neu sind die Pläne der Gentechniker nicht. Venter hatte sich bereits am 1992 von ihm gegründeten Institute for Genomic Research (TIGR) mit der genetischen Minimalausstattung von Lebewesen beschäftigt. Mit Kollegen untersuchte er beim so genannten Minimal Genome Project das Bakterium Mycoplasma genitalium, das im menschlichen Genitaltrakt lebt und nur 517 Gene besitzt. Davon wiederum sind, wie die Forscher herausfanden, etwa 300 absolut lebensnotwendig.
Bei der Fortführung des Projekts wollen Venter und Smith diesen aufs Nötigste reduzierten Organismus zum Leben erwecken. Dazu werden sie zunächst am Computer ein schlankeres Erbgut für das Genital-Bakterium entwerfen und im Labor synthetisieren. Die künstliche DNS wollen die Forscher anschließend in eine Mikrobe einschleusen, aus der zuvor das gesamte natürliche Erbmaterial entfernt wurde.
Das Forschungsprogramm, an dem rund 25 Mitarbeiter zunächst drei Jahre arbeiten sollen, könnte nach den Hoffnungen der Wissenschaftler das Verständnis der grundlegendsten biologischen Prozesse vertiefen: "Wir wollen sehen, ob wir eine molekulare Definition des Lebens finden", sagte Venter der "Washington Post". "Ziel ist es, die fundamentalen Elemente der primitivsten lebenden Zelle zu verstehen."
Befürchtungen, bei den Experimenten könnten gefährliche und unkontrollierbare Bakterien entstehen, wischen die Forscher mit dem Hinweis auf strenge Sicherheitsvorkehrungen beiseite. So sollen die Laborversuche in einer abgeschirmten Umgebung erfolgen. Venter und Smith wollen die Mikroben zudem so konstruieren, dass sie Menschen nicht befallen können und eingehen, sobald sie ins Freie gelangen.