Grundsätze für Kindesunterhalt
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz (UVG)
Dieter Menzel
Anspruchsvoraussetzungen
Leistungen nach dem UVG können nur Kinder, nicht der allein erziehende Elternteil, erhalten. Ein Kind muss folgende Voraussetzungen erfüllen:
Es darf das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet haben (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UVG).
Es muss bei einem Elternteil leben, der ledig, geschieden, verwitwet oder dauernd getrennt lebend ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UVG). Verheiratete Eltern gelten dann als dauernd getrennt lebend, wenn ein Elternteil wegen Krankheit, Behinderung oder auf Grund richterlicher Anordnung für voraussichtlich für wenigstens 6 Monate in einer Anstalt untergebracht ist.
Es erhält nicht ausreichend, nicht regelmäßig oder gar keinen Unterhalt vom anderen Elternteil (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 UVG). Falls der andere Elternteil verstorben ist, werden Unterhaltsvorschussleistungen dann gezahlt, wenn die Waisenbezüge eine bestimmte Höhe nicht erreichen.
Staatsangehörigkeit des Kindes
Die Leistungen nach dem UVG werden grundsätzlich unabhängig von der Staatsangehörigkeit des Kindes gewährt.
Ausländische Kinder benötigen aber eine – von der Ausländerbehörde ausgestellte – Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsberechtigung. Asylbewerber erhalten von der Ausländerbehörde weder eine Aufenthaltserlaubnis noch eine Aufenthaltsberechtigung. Sie haben daher zunächst noch keinen Anspruch auf Leistungen nach dem UVG. Erst nach Anerkennung als Asylberechtigte haben sie grundsätzlich die Möglichkeit, diese Leistungen zu erhalten.
Ausländer, die als sogenannte Kontingentflüchtlinge nach dem Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommener Flüchtlinge in das Bundesgebiet eingereist sind, haben bereits mit der Einreise in das Bundesgebiet eine entsprechende ausländerrechtliche Genehmigung, im Bundesgebiet zu bleiben, erwerben also einen gewöhnlichen Aufenthalt. Wenn die übrigen Voraussetzungen nach dem UVG erfüllt sind, besteht somit für das Kind Anspruch auf die Leistungen nach dem UVG.
Ist der allein erziehende Elternteil oder der andere Elternteil Mitglied der NATO-Streitkräfte oder des zivilen Gefolges, sind die Leistungen nach dem UVG entsprechend den Regelungen im NATO-Truppenstatut und dem dazugehörigen Zusatzabkommen ausgeschlossen.
Wohnsitz des Kindes
Das Kind und der allein erziehende Elternteil müssen in Deutschland ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben.
Häusliche Gemeinschaft des Kindes mit einem Elternteil
Das Kind muss mit einem Elternteil in häuslicher Gemeinschaft leben. Das setzt jedoch nicht voraus, dass der allein erziehende Elternteil einen eigenen Haushalt führt. Die häusliche Gemeinschaft wird nicht dadurch aufgehoben, dass das Kind für einen Teil des Tages außerhalb des Haushalts des allein erziehenden Elternteils (z.B. im Kindergarten, bei Verwandten oder in Tagespflege) betreut wird. Die häusliche Gemeinschaft wird jedoch u.a. aufgehoben, wenn ein Kind wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung oder aus erzieherischen Gründen in einem Heim (u.a. im Rahmen von §§ 39 ff BSHG oder von § 34 SGB VIII) oder in Vollzeitpflege bei Pflegeeltern (§ 33 SGB VIII) untergebracht wird.
Verlust des Anspruchs
Ein Anspruch auf Unterhaltsvorschussleistungen besteht insbesondere nicht oder nicht mehr, wenn
die Eltern des Kindes – ohne verheiratet zu sein – zusammenleben,
der allein erziehende Elternteil heiratet (den anderen Elternteil oder einen Dritten),
der allein erziehende Elternteil seine Mitwirkungsverpflichtungen nach dem UVG nicht erfüllt,
die „nicht eheliche“ Mutter bei der Feststellung der Vaterschaft des Kindes nicht mitwirkt,
der allein erziehende Elternteil oder das Kind den Wohnsitz ins Ausland verlegt,
der andere Elternteil regelmäßig Unterhalt mindestens in Höhe der Sätze nach dem UVG zahlt,
das Kind nicht mehr in häuslicher Gemeinschaft mit dem Elternteil lebt (z.B. in einem Heim untergebracht wird oder zu dem Großeltern zieht),
das Kind das zwölfte Lebensjahr vollendet,
die Höchstdauer von 72 Leistungsmonaten erreicht wird,
der allein erziehende Elternteil oder das Kind stirbt.
Höhe der Leistungen
Die Höhe der Leistungen nach dem UVG richtet sich gemäß § 2 Abs. 1 UVG nach den Unterhaltssätzen, die für Kinder im Rahmen der Regelbetrag-Verordnung festgelegt sind. Vom 01.07.2001 bis 31.12.2001 beträgt der Regelbetrag für den Unterhalt von Kindern bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres monatlich 366 DM, ab 01.01.2002 monatlich 188 Euro (neue Bundesländer: 174 Euro). Für Kinder im Alter von 6 Jahren bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres beträgt der Regelbetrag für den Unterhalt vom 01.07.2001 bis 31.12.2001 monatlich 444 DM, ab 01.01.2002 monatlich 228 Euro (neue Bundesländer: 211 Euro).
Anzurechnende Beträge
Erhält der allein erziehende Elternteil Kindergeld für das anspruchsberechtigte Kind, wird nach § 2 Abs. 2 UVG pauschal die Hälfte des für ein erstes Kind maßgeblichen Kindergeldsatzes (derzeit 77 Euro) auf die Leistungen nach dem UVG angerechnet.
Auf die UVG-Leistungen werden Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils in dem Monat angerechnet, in dem sie gezahlt werden. Dies gilt auch dann, wenn der Unterhaltspflichtige seine Zahlung für einen anderen Monat bestimmt.
Halbwaisenrenten und ähnliche Leistungen werden ebenfalls angerechnet. Andere Einkünfte des Kindes (z.B. Zinserträge, Mieteinnahmen) werden aber nicht angerechnet.
Dauer der Leistung
Die Leistungen können für längstens 72 Monate bewilligt werden (§ 3 UVG). Teile von Kalendermonaten werden dabei zusammengerechnet; je 30 Tage zählen als ein Monat (§ 191 BGB). Jeder Kalendermonat, für den die volle Monatsleistung gezahlt worden ist, wird ungeachtet der Zahl seiner Kalendertage, stets als ein Monat gerechnet.
Beschränkte Rückwirkung
Leistungen nach dem UVG können für einen Monat rückwirkend vor der Antragstellung bewilligt werden. Voraussetzung ist jedoch, dass sich das Kind in zumutbarer Weise bemüht hat, während dieses Zeitraums Unterhaltszahlungen vom anderen Elternteil zu erhalten (§ 4 UVG). Fehlt es an diesen Bemühungen, können die Leistungen bei Vorliegen der übrigen Leistungsvoraussetzungen in der Regel erst ab dem Ersten des Antragsmonats bewilligt werden.
Ersatz- und Rückzahlungsverpflichtungen
Hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, bewusst falsche oder unvollständige Angaben gemacht oder ist er der Verpflichtung zur Mitteilung von Änderungen, die auf die Leistungen nach dem UVG Einfluss haben, nicht nachgekommen, ist er verpflichtet, die Leistungen zurückzuzahlen (§ 5 Abs. 1 UVG). Dabei genügt es, wenn diese Meldung fahrlässig unterblieben ist. Fahrlässigkeit liegt bereits vor, wenn die Pflicht zur Beachtung der nach den persönlichen Verhältnissen zu fordernden Sorgfalt verletzt wurde. Das Außerachtlassen einer Pflicht, auf die der Elternteil in einem Merkblatt hingewiesen wurde, ist regelmäßig als fahrlässiges Handeln zu betrachten.
Erhält das Kind während des Bezugs von UVG-Leistungen Einkommen, das auf die Leistungen nach dem UVG hätte angerechnet werden müssen (z.B. Unterhaltszahlungen des anderen Elternteils), hat das Kind die zu Unrecht erhaltenen UVG-Leistungen nach § 5 Abs. 2 UVG insoweit zurückzuzahlen.
Anzeigepflichten des allein erziehenden Elternteils
Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, hat gemäß § 6 UVG insbesondere folgende Veränderungen der UVG-Stelle anzuzeigen:
das Kind lebt nicht mehr im Haushalt des allein erziehenden Elternteils (z.B. lebt bei den Großeltern oder in einem Heim),
der allein erziehende Elternteil heiratet,
die bisher getrennt lebenden Elternteile ziehen zusammen (auch ohne verheiratet zu sein),
für das Kind wird Unterhalt vom anderen Elternteil gezahlt,
für das Kind wird eine Waisenrente oder eine vergleichbare Leistung gewährt,
der bisher unbekannte Aufenthalt des anderen Elternteile wird bekannt,
der andere Elternteil ist verstorben,
das Kind ist verstorben.
Wird eine Änderung der maßgeblichen Verhältnisse nicht richtig, nicht vollständig oder nicht unverzüglich bekannt gegeben, kann dies als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße geahndet werden (§ 10 UVG).
Gesetzlicher Übergang von Unterhaltsansprüchen des Kindes
Die Unterhaltsansprüche, die das leistungsberechtigte Kind gegen den Elternteil hat, bei dem es nicht lebt, gehen bei Gewährung von Leistungen nach dem UVG auf das Land über (§ 7 UVG). Dieser Anspruchsübergang erfolgt kraft Gesetzes. Er bedarf, um wirksam zu werden, keiner Anzeige an den Schuldner.
Jedoch muss der Unterhaltspflichtige unverzüglich von der Antragstellung und später von der Bewilligung der Unterhaltsvorschussleistungen unterrichtet werden, damit er nicht mehr mit befreiender Wirkung an das Kind zahlen kann. Der Anspruch geht auch dann auf das Land über, wenn über den Unterhaltsanspruch noch kein Titel vorliegt. Der nach § 7 UVG auf das Land übergegangene Unterhaltsanspruch bleibt weiterhin ein Anspruch des privaten Rechts und muss ggf. vor den Zivilgerichten eingeklagt werden.
Übergang für die Zukunft und die Vergangenheit
Der Anspruch geht nur für Zeiträume, für das Kind Leistungen nach dem UVG gezahlt wurden, auf das Land über. Für die Vergangenheit geht er dann auf das Land über, wenn der Unterhaltspflichtige mit seinen Unterhaltszahlungen in Verzug ist (§ 1613 BGB). Der Übergang für die Vergangenheit ist auch möglich, wenn Unterhaltsklage erhoben (§ 261 i.V.m. § 253 ZPO) oder ein Mahnbescheid (§ 696 Abs.3, § 700 ZPO) beantragt wurde. Über diese Regelung des BGB hinaus geht der Anspruch nach § 7 Abs. 2 UVG auch auf das Land über, wenn dem Unterhaltspflichtigen die Antragstellung auf Leistungen nach dem UVG von der UVG-Stelle unverzüglich schriftlich mitgeteilt wurde.
Ansprüche des Kindes gegen andere Sozialleistungsträger
Hat ein Kind einen Anspruch auf eine Leistung nach dem Sozialgesetzbuch (SGB), für die es Leistungen nach dem UVG erhält, besteht ein Anspruch auf Erstattung durch den anderen Sozialleistungsträger nach §§ 102 ff SGB X. Es muss sich jedoch um eine Leistung handeln, die gemäß § 2 Abs. 3 UVG auf die Leistungen nach dem UVG anzurechnen ist. Dies ist in der Regel bei Waisenrenten aus der gesetzlichen Unfall- oder Rentenversicherung der Fall.
Ansprüche des Kindes gegen Dritte
Hat das Kind, das Leistungen nach dem UVG erhält, Anspruch auf eine Leistung nach einem Leistungsgesetz, das nicht Teil des SGB ist, oder gegen Dritte (z.B. auf Schadensersatz gegen den Verursacher eines Verkehrsunfalls), geht dieser Anspruch ebenfalls auf das Land über. Voraussetzung ist auch hier, dass für die Zeit, für die Leistungen nach dem UVG gewährt werden, der entsprechende Anspruch besteht. Außerdem muss diese andere Leistung gem. § 2 Abs. 3 UVG auf die Leistungen nach dem UVG anzurechnen sein. Dies ist z.B. bei Waisenrenten nach dem BVG oder OEG, bei Waisengeld aus der Beamtenversorgung oder bei Erfüllung von Schadensersatzforderungen in Rentenform oder durch Abfindung an Stelle von Unterhaltszahlungen der Fall.
Verfahren, zuständige Behörde
Leistungen nach dem UVG werden nur auf schriftlichen Antrag gewährt (§ 9 UVG). Antragsberechtigt ist der Elternteil, bei dem das Kind lebt, oder der gesetzliche Vertreter des Kindes. Hierbei sind die amtlichen Antragsvordrucke zu verwenden. Hat der Alleinerziehende mehrere Wohnsitze, ist der Hauptwohnsitz maßgebend.
Zuständig für die Bewilligung der Leistungen nach dem UVG sind in der Regel die Jugendämter; dort erhalten Sie auch die Antragsvordrucke.
Auszahlung der Leistungen
Die Leistungen nach dem UVG werden monatlich im Voraus gezahlt. Dabei werden auszuzahlende Beträge auf volle Euro) aufgerundet. Beträge unter 5 Euro) werden nicht ausgezahlt (§ 9 UVG).
Kostenträger
Die Leistungen nach dem UVG tragen der Bund zu einem Drittel (§ 8 UVG) und die Länder zu zwei Dritteln. Die Länder haben jedoch die Ermächtigung, die Kommunen an den Ausgaben und Einnahmen der Leistungen nach dem UVG zu beteiligen. Dies ist z.B. in Bayern nicht erfolgt. Wenn Unterhaltspflichtige die nach § 7 UVG auf das Land übergegangenen Beträge ersetzen, so erstattet das Land ein Drittel dieser Leistungen dem Bund.
Anmerkung
Weitere Informationen können Sie einem Merkblatt des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend entnehmen, das Sie von Ihrem zuständigen Jugendamt erhalten.
Autor
Dieter Menzel, Dipl.-Verwaltungswirt, Sachbearbeiter
Adresse
Dieter Menzel
Bayer. Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
Winzererstr. 9
80792 München