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Thema: Ausbeute wegen Lehrstelle?

  1. #1
    Hanna67
    Gast Avatar von Hanna67

    Ausbeute wegen Lehrstelle?

    Hallo,

    meine Tochter (16) geht in die 10. Klasse Realschule und will unbedingt Friseuse werden.

    Seit Juli hat sie eine mündliche Zusage von einem sehr gutem Friseurgeschäft, dass sie dort im kommenden Herbst eine Lehre beginnen kann.

    Nun habe ich wegen eines Lehrvertrages nachgehakt und bekam zur Antwort, dass vor Ausbildungsbeginn keine Verträge vergeben werden, weil man die Erfahrung gemacht habe, dass die Mädels dann an den Samstagen nicht mehr zum Arbeiten kommen, weil sie sich der Ausbildungsstelle sicher sind.
    Das heisst: die Zusage der Lehrstelle wird davon abhängig gemacht, dass die Mädchen an Samstagen oder in den Ferien im Friseurgeschäft erscheinen und dort kostenlos arbeiten (abspülen und alles was eine Putze so macht).
    Zuerst wurde versprochen, dass sie für die Samstagsarbeit Geld bekäme. Sie bekam bisher ein einziges Mal 10 Euro. Seitdem sah sie keinen Cent mehr. Das läuft in dem Laden schon immer so. Mit allen, die dort bisher eine Ausbildung gemacht haben.

    Was meint Ihr? Sie will nichts sagen, da sie die Lehrstelle dann mit Sicherheit nicht mehr bekommt. Andererseits kostet die Zugfahrt jedes Mal schon 8 Euro. Das zahle ich ihr.
    Aber es geht halt um's Prinzip: ist so eine Ausbeute normal?

    Gruß
    Hanna67

  2. #2
    Urgestein Avatar von Dipl.Wirt.Ing

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    Ist dies für deine Tochter die einzige Möglichkeit Friseuse zu werden?

    Es gibt Praktikastellen, in denen keine Entlohnung erfolgt. Diese dauern aber in der Regel nur 4 bis 6 Woche.

    In deinem Fall handelt es sich scheinbar eher um einen stillschweigenden Arbeitsvertrag. Dies bedeutet, dass vor einem Arbeitsgericht auf jeden Fall ein Entgeld in Höhe der üblichen Entlohnung für die erbrachten Leistungen einklagbar ist. Auf dem Arbeitsgericht gibt es so weit ich weis kostenlosen Rechtsbeistand. Ich würde auf jeden Fall mal nachfragen.

    Des weiteren können nachträglich Urlaubstage und Krankentage / Krankengeld eingeklagt werden.

    Es muss auch beachtet werden, dass deine Tochter ein mündliche Zusage bekommen hat. Hierbei handelt sich laut Gesetz um einen gültigen Vertrag. Da die Zusatzbedingung "du must aber weiterhin jeden Sa. kostenlos für uns arbeiten, sonst bekommst du den Vertrag nicht" laut Arbeitsrecht nicht gesetzlich ist" kann dieser Punkt ignoriert werden.

    Das Problem in diesem Fall: Wie will man nachweisen, dass der mündliche Vertrag zustande kam? Gibt es Zeugen?

    Ich würde auf jeden Fall auf die Handelkammer gehen und beschwerde einreichen. Und wenn ein potentieller Arbeitgeber solche Bedingungen stellt würde ich mich eh nach einem anderen umsehen, den die Ausbildung in so einem Unternehmen kan ich mir geistig gut ausmahlen.

    Also wenn möglich andere Lehrstelle finden und dem Inhaber des jetzigen Geschäfts so richtig einheizen - eventuell sogar zur Konkurzen gehen und der von den Machenschaften erzählen *G*
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  3. #3
    Aufsteiger/in Avatar von *hardy*

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    eine mündliche zusage ist nicht gleich ein vertrag. dies gilt nur unter kaufleuten rechtsverbindlich. anders sieht es asu, dass deine tochter ihre arbeitsleistung zur verfügung stellt und man dafür auch eine entlohnung bekommen kann, auch wenn im vorfeld nicht darüber gesprochen wird.

    §612 bgb (1) eine vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die dienstleistung den umständen nach nur gegen eine vergütung zu erwarten ist.

    der chef nutzt hier klar seine stellung als aus. das ist zwar so nicht ok, aber um das eventuelle ausbildungsverhältnis deiner tochter nicht zu gefährden, sollt es akzeptiert werden. ansonsten kann ich auch nur zu einem anderem ausbilder raten. jedoch würde ich ihn nicht schlecht machen, da dies eine übliche praxis in der freien wirtschaft ist. in meinem betrieb (ca. 600 beschäftigte) werden mehr azubis eingestellt, als benötigt. in der probezeit wird dann nochmal kräftig ausgedünnt. ist zwar nicht schön, aber alles im gesetzlichen rahmen.

    sollte deine tochter die ausbildung beginnen, lege ich dir das jugendarbeitsschutzgesetz ans herz. das solltest du kennen und mit ihr mal durchgehen.

    schau mal hier

    gruß hardy
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  4. #4
    Urgestein Avatar von Dipl.Wirt.Ing

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    § 145 BGB - Bindung an den Antrag
    Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.

    § 146 BGB - Erlöschen des Antrags
    Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 rechtzeitig angenommen wird.

    Des weitern gilt:
    § 108 Vertragsschluss ohne Einwilligung
    (1) Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab.
    (2) Fordert der andere Teil den Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablauf von zwei Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.
    (3) Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters.


    § 612 Vergütung
    (1) Eine Vergütung gilt als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist.
    (2) Ist die Höhe der Vergütung nicht bestimmt, so ist bei dem Bestehen einer Taxe die taxmäßige Vergütung, in Ermangelung einer Taxe die übliche Vergütung als vereinbart anzusehen.
    (3) Bei einem Arbeitsverhältnis darf für gleiche oder für gleichwertige Arbeit nicht wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers eine geringere Vergütung vereinbart werden als bei einem Arbeitnehmer des anderen Geschlechts. Die Vereinbarung einer geringeren Vergütung wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass wegen des Geschlechts des Arbeitnehmers besondere Schutzvorschriften gelten. § 611a Abs. 1 Satz 3 ist entsprechend anzuwenden.


    Das Mündliche Angebot der Lehrstelle ist also als gültiger Vertrag, sofern die Mutter dem Antrag zustimmt.

    Des weiteren ist die momentane Tätigkeit als Aushilfe dementsprechend zu entlohnen.

    Da ich aber kein Jurist bin würde ich auf jeden Fall rechtlichen Beratung von einer offizellen Stelle hinzuziehn. Meine kenntnisse beschränken sich auf Wirtschafts- und Arbeitsrecht, da ich diese Vorlesungen im Zuge meines Studiums besucht hatte.
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  5. #5
    Urgestein Avatar von Dipl.Wirt.Ing

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    @ hardy
    der chef nutzt hier klar seine stellung als aus. das ist zwar so nicht ok, aber um das eventuelle ausbildungsverhältnis deiner tochter nicht zu gefährden, sollt es akzeptiert werden. ansonsten kann ich auch nur zu einem anderem ausbilder raten.
    Sowas darf auf keinen Fall aktezptiert werden. Wohin soll das den führen wenn das gängige Praxis wird? Des weiteren ist das geschäftsverzerrent. Die Konkurenz wird durch diese Praxis unrechtmässig benachteilig, da sie auf den Kosten sitzen bleibt.

    .......da dies eine übliche praxis in der freien wirtschaft ist.
    Übliche Praxis in der freien Wirtschaft ist ein Praktikum oder die sogenannte Probezeit. Der oben beschrieben Fall ist zum Glück keine gängige Praxis. Genau genommen handelt es sich um eine Ausnutzung von Schwächeren, was wiederum Gesetzeswidrig ist - ich such die jetzt nicht raus.

    in meinem betrieb (ca. 600 beschäftigte) werden mehr azubis eingestellt, als benötigt. in der probezeit wird dann nochmal kräftig ausgedünnt. ist zwar nicht schön, aber alles im gesetzlichen rahmen.
    Aber alles im Rahmen der Gesetze hat aber aus gesetzlicher Sicht nichts mit dem oben beschrieben Fall zu tun!
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  6. #6
    Aufsteiger/in Avatar von *hardy*

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    wir können uns hier ohne ende gesetze um die ohren hauen und werden immer wieder feststellen müssen, dass die theroie einfach mal von der praxis abweicht. ob das gesetzwidrig ist oder die wettbewerbssituation verzerrt wird, will ich ja nicht bestreiten, doch wo kein kläger ist, wird sich das auch nicht ändern.

    wir dürfen nun mal nicht aus den augen verlieren, dass die zeit im moment sehr arbeitgeberfreundlich ist. der markt bietet genügend arbeitswillige, sodass er sich sein personal aussuchen kann. ich möchte damit nur sagen, dass es nicht immer ratsam ist gegen unrechtmäßigkeit im berufsleben vorzugehen, sofern man auf die dauer seinen job behalten will oder nicht gemoppt werden möchte.

    sicher sollte man nicht die hände in den schoß legen, doch manchmal ist es besser den mund zu halten und bei der nächsten situation wieder zu punkten, oder sich durch gute arbeit ins rechte licht zu rücken.

    sofern noch kein ausbildungsvertrag geschlossen ist, würde ich nichts machen. ansonsten wird es sicher auch nie einen vertrag geben. auch wenn der arbeitgeber durch seine mündliche zusage gebunden ist, ist sie halt nur mündlich und ohne beweiskraft. also abwarten oder eine anderen ausbilder suchen.

    gruß hardy
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  7. #7
    Hanna67
    Gast Avatar von Hanna67

    RE: Ausbeute wegen Lehrstelle?

    Hallo,

    danke für Euere Antworten.

    Vom logischer und rechtlicher Seite ist die Lage klar: ok ist das auf gar keinen Fall, wie sich die Chefin des Friseurladens verhält.

    Aber mache ich oder meine Tochter den Mund auf, dann können wir die Lehrstelle abschreiben.

    Was mich am meisten entsetzt: das ist nicht irgend ein 0815 Laden sondern sozusagen die Creme de la Creme im Friseurhandwerk in unserer Region. Dorthin geht die Prominenz von Bürgermeistersgattin bis zu den Geschäftsleuten im Umkreis von ca. 30 km. Der Name allein ist schon allen ein Inbegriff. Ihr könnt Euch vorstellen, was dort ein Haarschnitt usw. kostet. Und ausgerechnet eine so renomierte Geschäftsfrau verhält sich so.
    Den Mädchen, die dort momentan zur Ausbildung sind, erging es genauso: sie kamen an den Samstagen und Ferien und arbeiteten dort umsonst, obwohl ihnen auch Entlohnung zugesagt wurde. Aber es heisst immer, die Chefin sei so vergesslich und ein anderes mal heißt es, das Geld sei schon zur Bank gebracht worden usw.

    Uns bleibt wohl nichts anderes übrig, als es so hinzunehmen oder eine andere Lehrstelle zu suchen. Das ist bei der heutigen Ausbildungslage nicht einfach.

    Liebe Grüße
    Hanna

  8. #8
    gritzi2000
    Gast Avatar von gritzi2000
    ich bin auch aus einer branche, die viele schwarze schafe beherbergt.
    Versuch mal rauszubekommen, wie hoch das Entgeld bzw. die Zahlungsmoral für andere Angestellte ist.
    Sollte es da schon Probleme geben (wie z.B. das die Azubis das Geld erst nach 2 Monaten oder immer unregelmäßig bekommen) so seht euch lieber nach einem anderen Friseurladen um. Was bringt es, wenn deine Tochter da arbeitet, keine geld bekommt und nebenbei noch schulden macht. Es gibt zwar die Beihilfe (BAB), die sich jedoch nach dem Einkommen der erziehungsberechtigten richtet, doch was bringt das letztendlich?
    Schaut euch auch das Betriebsklima an! (Mobbing?)
    Schöner ist es, in einem kleineren qualitativ gleichwertigen Laden zu arbeiten, in dem auch das Verhältnis der Mitarbeiter untereinander gut ist und man nicht so imens unter Druck steht, was falsch zu machen (Ruf des Unternehmens)

  9. #9
    Überflieger[1A](rus)(de)
    Gast Avatar von Überflieger[1A](rus)(de)

    Arbeitsamt!!!

    Ich meine melde das dem Arbeitsamt.

    Oder frag da wenigstens nach, vielleicht kanst du da was herrausfinden,
    wen du dich schlau anstellst, und richtige fragen stellst.

  10. #10
    Überflieger[1A](rus)(de)
    Gast Avatar von Überflieger[1A](rus)(de)

    Arbeitsamt!!!

    Sag dennen auch das mit den 8 Euro ausgaben.



    Peace

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