Nokia 6650 Vorstellung



Ohne das große Farb-Display und die schnittige Tastatur könnte man das 6650 auch mit einem drei Jahre alten 6150 verwechseln. Ein Handy mit sichtbarem Antennenstummel gibt in der heutigen Zeit Grund zum Staunen - erst recht, wenn es sich um das allerneueste Hightech-Gerät aus Finnland handelt.

Anssi Vanjoki, Nokias oberster Handy-Boss, nutzte denn auch gleich die Gelegenheit, um bei der Präsentation vor der versammelten Presse zu erklären, das 6650 sei das erste und zugleich letzte UMTS-Handy von Nokia, das mit sichtbarer Antenne auf den Markt kommen werde.

Wann kommt´s?
Mit einem genauen Zeitpunkt für die Markteinführung tat sich Vanjoki schwer: Für interne Tests würde das Gerät im vierten Quartal an Netzbetreiber verkauft, die ersten Verkäufe an Endkunden erwarte Nokia "in der ersten Hälfte 2003". Manager des Unternehmens betonten im Gespräch mit Xonio ausdrücklich, dass das Gerät eigentlich fertig sei und dass bei Funktionen und Hardware keine Änderungen geplant seien - lediglich die Software werde noch optimiert.

Und der Preis?
Kosten soll das 6650 etwa so viel wie das 7650: Mit 250 bis 750 Euro rechnet der Herr der Nokia-Handys - abhängig davon, wie stark einzelne Netzbetreiber das Gerät subventionieren wollen.

Ein Download klappt
Für Xonio demonstrierte ein Nokia-Mitarbeiter den Download eines etwa 100 Kilobyte großen Videoclips über das UMTS-Netz des finnischen Netzbetreibers Sonera. Dieser war nach fünfzehn Sekunden abgeschlossen.

Mit Multitasking
Ein wesentliches Feature des neuen Handys wird laut Nokia die Multi-Call-Fähigkeit sein: Der Nutzer kann beispielsweise gleichzeitig telefonieren, seine E-Mails downloaden und eine MMS versenden.

Auch im GSM-Netz kann das Handy Daten übertragen: Es unterstützt die GPRS-Multislotklasse 6 (maximal 40,2 kbit/s) und kann per HSCSD bis zu vier Kanäle (57,6 kbit/s) bündeln. Etwas irritierend ist, dass das Handy - anders als bei GPRS - nicht anzeigt, ob sich der Nutzer gerade in einem mit UMTS versorgten Gebiet aufhält oder nicht.

Da klemmt noch was
Beim Versuch, per UMTS aus Helsinki bei der Redaktion in Stuttgart anzurufen, scheiterten wir: Auf Grund der bei der Demo eingesetzten SIM-Karte konnten wir keine Auslandsanrufe tätigen. Einen Anruf aus Deutschland meldete das Handy zwar, eine Verbindung kam aber nicht zustande. Dafür klappte etwas später die Verbindung mit einem finnischen GSM-Handy problemlos. Die Sprachqualität beim 6650-Nutzer war recht gut, der Angerufene klagte aber über heftige Echos. Unklar ist, ob die Schuld dafür beim Handy oder beim UMTS-Netz liegt.

Hand in Hand
Das 6650 ist ein Dualmode-Handy, es unterstützt sowohl UMTS als auch GSM/GPRS. Und das ist auch gut so: Selbst in fünf Jahren werden noch große Lücken in der Netzabdeckung erwartet. Für den reibungslosen Betrieb ist das sogenannte "Seamless Handover", die nahtlose Übergabe von Sprach- und Datenverbindungen zwischen dem GSM- und dem UMTS-Netz, sehr wichtig. Kein Mensch würde akzeptieren, dass ein Gespräch unterbrochen wird, weil er gerade den UMTS-Versorgungsbereich verlassen hat. Im Moment beherrscht das 6650 den Seamless Handover noch nicht - die Netze übrigens auch nicht. Das soll sich laut Vanjoki bis zum Verkaufsstart in der ersten Hälfte 2003 aber noch ändern.


Laut Nokia wiegt das UMTS-Handy 141 Gramm und misst ohne Antenne 132 x 52 x 25 Millimeter. Da die Tasten recht weit unten angeordnet sind, liegt es etwas unausgewogen in der Hand: Beim Ausprobieren hatten wir den Eindruck, dass der obere Teil des Handys deutlich schwerer ist als der untere. Die Tastatur hinterließ einen ordentlichen Eindruck, die Fünf-Wege-Navigationstaste wirkt sehr gewöhnungsbedürftig und hatte bei unserem Test mehrere Fehleingaben zu verantworten.

Bitte lächeln!
Das Display stellt 4.096 Farben dar und erinnert stark an das des 7650. Es bietet mit 128 x 160 Pixel aber eine etwas niedrigere Auflösung. Durch eine Klappe geschützt, versteckt sich auf der Rückseite eine Linse, die dazu gehörende Kamera kann Fotos in VGA-Qualität (640 x 480 Pixel, 24 Bit Farbtiefe) aufnehmen. Außerdem speichert das Handy kleine Videoclips von maximal 20 Sekunden Länge - im Gegensatz zum 3650 sogar mit Ton. Leicht schräg neben der Linse sitzt ein kleines Mikrofon. Das Aufnehmen eines Test-Videos funktionierte problemlos, die Stimme des Aufgenommenen klang allerdings recht verzerrt. Das kann aber auch an der Umgebungs-Lautstärke beim Test gelegen haben.

Da fehlt doch was?
Die Clips lassen sich per Bluetooth (inklusive Headset-Profil) oder Infrarot an einen Computer überspielen, mit dem die Nutzer die Videos dank eines im Lieferumfang enthaltenen Software-Pakets auch bearbeiten können. Wer Lust hat, kann auch ein USB-Kabel kaufen und damit Handy und PC verbinden. Ohne Umweg über den Computer lassen sich Videos oder Fotos nur per MMS verschicken. Einen E-Mail-Client hat Nokia dem UMTS-Handy leider nicht spendiert.

Warum der Browser im Nokia 6650 nur WAP 1.2.1 versteht und nicht XHTML bzw. WAP 2.0, konnte uns niemand so richtig erklären. Immerhin soll das 3650, das wahrscheinlich noch vor dem 6650 in die Läden kommen wird, einen XHTML-fähigen Browser besitzen. Der Speicher des UMTS-Handys (sieben Megabyte) lässt sich nicht erweitern, das 3650 besitzt dagegen einen MMC-Slot. Das Betriebssystem ist beim 6650 hersteller-eigen und nicht auf EPOC-Basis wie beim 3650 oder 7650.

Spiele und Java-Anwendungen soll das Handy später auch mitbringen. Bei dem Gerät, das wir ausprobieren konnten, fehlte noch beides.


Vielleicht war es naiv zu glauben, das UMTS-Handy von Nokia würde wirklich futuristisch aussehen und mehr Funktionen bieten als jedes andere Handy auf dem Markt. Aber ein wenig enttäuscht sind wir trotzdem:
Schließlich wollen die "Early Adopter", die sich früh ein UMTS-Handy kaufen, auch ein wenig damit angeben. Und das geht natürlich am besten über das Aussehen und die Funktionen.

Stark: der Datenturbo
Das 6650 sieht nicht mal halb so cool aus wie die meisten UMTS-Studien und bleibt bei einigen Features hinter dem zurück, was die Finnen schon für das "normale GSM-Handy" 3650 angekündigt haben. Auf der anderen Seite bietet es bisher unerreichte Datenraten und bietet gleichzeitig Sprach- und mehrere Datenverbindungen.

Nokia positioniert das 6650 als Handy für den "Busy Businessman", der in erster Linie mit Handy und Notebook online gehen und mit seinem Handy ein bisschen Spaß haben will. Und den dürften die hohen Datenraten mehr interessieren als das Retro-Design.

Es wird wohl noch über ein halbes Jahr dauern, bis das 6650 auf den Markt kommt. Bis dahin werden noch weitere UMTS-Handys vorgestellt, vermutlich auch von Nokia. Wir werden beobachten, wie sich das 6650 in diesem Umfeld behaupten kann.