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Thema: Wie tolerant bin ich wirklich?

  1. #1
    Admin oder so... Avatar von Alpha

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    Wie tolerant bin ich wirklich?

    Ich hatte heute ein langes Telefongespräch das mich sehr hmmm bewegt, aufgeregt, geängstigt, berührt hat... Ich weis nicht wie ich es beschreiben soll.

    Jedenfalls hat es mich zum grübeln und nachdenken gebracht wie noch nie ein Telefonat zuvor.

    Ich der ich mich immer für ach so tolerant hielt, ich der ich toleranz predige wo ich nur kann frage mich nun wie tolerant bin ich wirklich.
    Klar bis jetzt hatte ich nie Probleme damit.
    Egal ob in der Theorie oder in der praxis. Alles was ich predigte konnte ich auch immer zu 100% in der Praxis umsetzen und nie viel es mir schwer.
    Ich meine ich habe einen halb asiatischen Sohn eine dunkelhäutige Tochter bin Ausländer meine besten Freunde sind Palistinänser oder Schwul/Lesbisch usw. ich treffe jeden Tag auf Intoleranz und weis wie wichtig toleranz ist deswegen predige und praktiziere ich sie wo ich nur kann.

    Nun denn gesten habe ich eine wirklich nette Frau kennengelernt.
    Leider in nicht ganz nüchternen zustand.(Bei beiden Seiten)
    Wir haben uns unterhalten fanden uns sympatisch haben uns geküsst nummern getauscht und uns gefreut auf unser nächstes Date...

    Heute dann beide wieder nüchtern war es für beide eine schöne Erinnerung beide wollten wir uns wiedersehen.
    Also haben wir uns angerufen.
    Natürlich hab ich mich auf das Gespräch gefreut.
    Doch nach dem zweiten Satz stand ich erstmal völlig fassungslos da und musste tief Luft holen.
    Der zweite Satz von ihr war " Ich sollte dir als erstes bevor wir weiter reden sagen das ich HIV positiv bin"

    ok im ersten moment war ich wie vor dem Kopf gestoßen hatte sofort Panik wegen der Küsse.
    Obwohl ich ja weis das dies eigentlich keine Gefahr darstellt es ist mehr als unwahrscheinlich sich beim Küssen wirklich zu infizieren und die Möglichkeit das dies bei kleinen Verletzungen im Mund theoretisch möglich ist ist in etwa gleich groß wie die möglichkeit von einem Auto überfahren zu werden also sehr gering.
    Trotzem hatte ich im ersten Moment Panik und Vorurteile. Plötzlich war es nicht mehr weit her mit meiner sonstigen Gelassenheit.
    Obwohl wie gesagt eigentlich müsste ich es besser wissen ich hab genug Wissen zu diesen Thema ich hätte nie so reagieren sollen (Ich meine innerlich gefühlsmäßig reagieren).

    Aber ok nach 1-2 Stunden Gespräch ging es mir wieder besser ich bekam meine (unnötigen) ängste wieder unter kontrolle und ich kam mir ganz schön blöd vor.

    Aber das war ja erst der anfang.
    Das was meine Toleranz wirklich nun auf die Probe stellt ist die Tatsache ich mag sie sie mag mich noch mehr und wollte wissen ob ich mir eine Beziehung mit ihr vorstellen könnte...
    Nun stand ich da wie sollte ich nun reagieren?
    Klar ich weis wen man sich an gewisse regeln hält spricht weder was gegen eine Beziehung noch gegen Sex mit jemanden der HIV hat. Hält man die Regeln strickt ein besteht eigentlich nicht wirklich eine Gefahr.
    Sagt zumindest die Theorie...
    Mein Kopf und mein Gefühl sagten mir ich hab trotzdem Angst wirkliche Angst das dies eben nicht so stimmt und ich hab Familie verantwortung usw.

    So wie den nun was tun wie reagieren was denken ich war wirklich verwirrt wusste nicht was ich denken, sagen oder fühlen sollte. Die ganze Situation war zu überraschend und hat mich völlig überfordert. gerade mich der es gewohnt ist in eigentlich jeder wirklich wichtigen Situation der erste zu sein der suverän reagiert.
    Das ganze hat mir meine Grenzen aufgezeigt und faktisch alles was ich meinte zu sein mit einem Schlag völlig durcheinander gebracht.
    Ich war mir absolut sicher zu wissen wie meine Toleranz mein Charakter meine Souveränität und meine Fähigkeiten auf ungewöhnliche Situationen zu reagieren ist und nichts von alledem hat sich als echt herausgestellt und und sich in dieser Situation bewahrheitet.
    Nicht von all dem was ich dachte zu sein hat diese "Prüfung" überstanden.
    Ein einziger Satz hat gerade mein Leben völlig durcheinander gebracht.
    Ich denke ich werde noch Wochen und Monate daran zu knabbern haben.
    Aber ich habe verdammt viel über mich gelernt.

    Die schwerste Entscheidung habe ich jetzt vor mir.
    Wie wird es weitergehen zwischen ihr und mir.
    Wie werde ich reagieren.
    Ich hab ihr noch keine Antwort gegeben und natürlich hat sie Verständnis dafür das ich darüber nachdenken will.
    Aber ok wie Fair ist es darüber nachzudenken jemanden eine Chance zu geben nur weil ich von einer Situation überfordert bin von der ich eigentlich nicht überfordert sein sollte?
    Ganz ehrlich ich fühl mich echt mies und hab ihr gegenüber ein verdammt schlechtes Gewissen den sie kann am wenigsten was dafür.
    Aber was nun wenn ich auf Mitleid eine falsche entascheidung treffe?
    Oder aus Angst eine Falsche Entscheidung treffe.
    Ich hatte bis heute niemals eine Situation in der ich mich nicht im geringsten in der Lage fühlte überhaupt eine Entscheidung zu treffen.

    Reine Kopf entscheidungen sind fast immer die falschen.
    Nur nach Bauch zu entscheiden ist nicht mehr möglich wenn man auch für andere Verantwortung zu tragen hat.
    Also was nun?

    Mich verwirrt diese Situation und ich will das nicht.
    Genauso wenig will ich ihr aber weh tun nur weil ich nicht in der Lage bin ..
    hm ja was eigentlich... nicht in der Lage bin irgendwie zu reagieren.

    Klar ich könnte davonlaufen mich vor einer Entscheidung drücken oder auf gut Glück eine wählen hinter der ich nicht völlig stehe.
    Nur dann könnte ich nie wieder in den Spiegel gucken ohne zu kotzen...

    Es ist wirklich ne verdammt blöde Situation.
    Ja ich mag sie ja ich hab mich verguckt in sie und je länger wir tel. desto mehr wurde sie zu jemanden der mich unheimlich.. fasziniert bewegt zu jemanden der Gefühle in mir hervorruft die ich lange nicht mehr hatte...
    Und dennoch habe ich Angst vor ihr oder besser vor dem was in ihr ist...

    Jetzt sitz ich da wie ein Depp weis nicht was ich tun soll uns schreib diese Zeilen weil ich einfach hoffe das mir zumindest dies ein wenig von der last nimmt die ich gerade fühle und die ich so schnell wie möglich loswerden will.
    Ok wie dem auch sei ich steh vor einem Problem und ich muss es lösen so oder so nur im Moment bin meilenweit davon entfernt auch nur ansatzweise eine Idee zu haben wie ich es lösen soll...

    Irgendwie fühl ich mich gerade wie in einem falschen Traum...

    So...
    Wie würdet ihr in dieser Situation reagieren?
    Was würdet ihr machen , denken, fühlen...?

  2. #2
    ...on the long way home! Avatar von sonne71

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    AW: Wie tolerant bin ich wirklich?

    Ich kann mir einerseits sehr genau vorstellen was Du durchmachst, andererseits weiß ich überhaupt nicht wie ich in der selben Situation reagieren würde, weil ich sie noch nicht hatte. Ich habe natürlich auch eine Vorstellung meiner eigenen Toleranz, aber wie Du selbst ja auch bemerken musstest, kann es passieren das man plötzlich an seine Grenzen stößt. Von daher antworte ich mal mit einer Mischung aus Herz, Bauch und Kopf

    Wenn man mal kurz beiseite schiebt das sie krank ist: Warum sollte man sich nach einem Abend mit Küssen für oder gegen eine Beziehung entscheiden? Meiner Meinung nach dürfen Beziehungen gerne wachsen. Man trifft sich wieder, man verbringt Zeit miteinander und schaut ob aus erster Sympathie und Verliebtheit was Dauerhaftes werden kann. Dabei ist es erstmal egal ob krank oder gesund, denn es kann passieren, das man einfach vom Kopf und Charakter her merkt, das es doch nicht so gut passt. Und wenn Du nach einiger Zeit feststellst, das da Mehr ist, das Liebe wächst, dann ist die Frage nach einer Entscheidung schon bald hinfällig, denn dann geht es nicht mehr um das OB, sondern "nur" noch um das WIE.

    Und sie ist ja in erster Linie Frau und nicht HIV-Patientin. Und ich kann mir vorstellen, das es auch in ihrem Sinne wäre Eure Freundschaft / Liebe langsam aufzubauen.
    Trefft Euch, redet, flirtet, lacht...alles "ganz normal". Erkundige Dich (z.B. bei Fachärzten) was Du und Deine Kinder beachten müssen (auch wenn man denkt man weiß alles, ist es beruhigend es nochmal aus berufenem Munde zu hören).

    Kurz gesagt: Entscheide noch nichts, lasst Euch Zeit und genieße es einen tollen Menschen kennengelernt zu haben!!!
    Ich werde immer laut durch's Leben ziehn,
    jeden Tag in jedem Jahr
    und wenn ich wirklich einmal anders bin,
    ist mir das heute noch scheißegal!

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