Hallo,

am 28.5.2010 wurde auf die zwei zentralen Moscheen der Ahmadiyya Muslim Jamaat (AMJ) in Lahore (Pakistan) zeitgleich ein Terrorangriff verübt.

Es wird von über 93 Toten Ahmadis berichtet; die Zahl der Verletzten liegt über 100. Ahmadis, die Augenzeugen des Geschehens waren, berichten von einem Blutbad. Der Zeitpunkt der Anschläge war von den Attentätern und ihren Hintermännern wohl überlegt, da die Moscheen am Freitag sehr gut besucht sind.
Mittlerweile ist auch bekannt geworden, dass die Tehrik Taliban Pakistan (TTP) sich zu diesen Anschlägen bekannt hat. Sie forderte in ihrem Bekennerschreiben die in Pakistan lebenden vier Millionen Ahmadis auf, das Land zu verlassen. Dies sei die letzte Warnung an die Ahmadis.

Ich möchte diese verheerenden Anschläge zum Anlass nehmen, um auf die Situation der AMJ in Pakistan aufmerksam zu machen. Diese Attacken bilden den blutigsten und grausamsten Höhepunkt der sich seit Jahren verschärfenden Verfolgung der AMJ, die eine religiöse Minderheit in Pakistan ist.
Die Grundlage der Verfolgung der Ahmadis bilden die in der pakistanischen Verfassung verankerten Blasphemiegesetze.
Im Jahre 1974 wurden die Ahmadis in Pakistan durch eine Verfassungsänderung zu Nicht-Muslimen erklärt. 1984 wurden weitere Gesetze verabschiedet, durch die die Religionspraxis der Gemeinde unter Strafe gestellt wurde. Es ist den Ahmadis beispielsweise unter Strafandrohung verboten, sich als Muslime zu bezeichnen, Moscheen zu errichten, in Moscheen zu beten, das islamische Glaubensbekenntnis auszusprechen oder jemanden mit der islamischen Grußformel anzusprechen. Die Strafandrohungen reichen bis zur Todesstrafe. Die Todesstrafe wurde in der Vergangenheit bereits häufig gegen Ahmadis aufgrund des Blasphemiegesetzes ausgesprochen und vollstreckt.

Aufgrund der religiösen Verfolgung in Pakistan waren sehr viele Ahmadis gezwungen, auszuwandern. So suchten auch mehrere tausend Ahmadis Schutz in der Bundesrepublik Deutschland. Heute leben über 30.000 Ahmadis als fester und integrierter Bestandteil der deutschen Gesellschaft. Ein Großteil besitzt die deutsche Staatsbürgerschaft. Darüber hinaus ist die AMJ weltweit in 195 Ländern vertreten und als eine friedfertige und tolerante Gemeinschaft des Islam bekannt.

Die Ahmadiyya sieht sich selbst wie folgt: "In der heutigen religiösen Welt spielt die Gemeinde eine einzigartige Rolle, da der Islam oft als zum Kampf auffordernd interpretiert, falsch verstanden und falsch dargestellt wird. Während die Welt im Islam eine Gefahr sieht, ist die Gemeinde eine Organisation des Islam, die ohne Bedingungen ausschließlich Frieden und Harmonie lehrt."
Das Motto der Gemeinde lautet dementsprechend: „Liebe für alle und Hass für keinen“.

Die Meinung vieler unabhängiger Autoren unterstreicht die Einzigartigkeit der Ahmadiyya in der islamischen Welt und lässt sich wie folgt zusammenfassen:
„Die Ahmadiyya-Muslim-Bewegung ist die einzige moslemische Organisation, die weder über einen politischen noch einen militanten Flügel verfügt.“ (Gill, I./ Backhausen, M.: Die Opfer sind Schuld – Machtmißbrauch in Pakistan, Akropolis Verlag 1994, S. 41-45)

Es ist die Pflicht der zivilisierten Welt, die nunmehr seit 36 Jahren andauernde Verletzung essentieller Menschenrechte durch den pakistanischen Staat zu unterbinden. Die pakistanische Regierung wird die Menschenrechtsverletzungen nicht einstellen, so lange kein internationaler Druck ausgeübt wird.
Ich sehe hier auch die Bundesregierung in der Pflicht, Pakistan dazu zu bringen die Menschenrechtskonventionen zu beachten und zu respektieren.