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Thema: Angst vor eigener Wut/Aggression

  1. #1
    Noch neu Avatar von niemandbestimmtes

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    Böse Angst vor eigener Wut/Aggression

    Hallo!

    Ich hoffe ihr könnt mir helfen.
    Erst mal zum "Drumherum": Ich bin fast 30, habe ein kleines Kind (18 Monate). Ich lebe in einer "komplizierten" Partnerschaft, das heißt wir sind seit ca. 8 Jahren zusammen , haben getrennte Wohnungen, nächtigen aber seit 1 Wochen zum mindestens 3 Mal die Woche zusammen (der 10te Versuch/neue Chance oder so ähnlich). Ich bin derzeit in Elternzeit bis mein Kind 2 ist.
    Nun zum Problem:
    Ich hatte schon immer Probleme mich selbst zu beherrschen, bin schnell auf 180 und ticke aus. Leider hat das auch schon zu mehreren Gewaltausbrüchen gegenüber meinem Partner geführt. Das ging etwa 3 Jahre so das ich mindestens einmal monatlich ausgetickt bin, manchmal mit Alkoholeinfluss aber mindestens zur Hälfte auch ohne dessen Einfluss. Seit 2 Jahren habe ich meinem Partner keine körperliche Gewalt mehr an getan. Zum Glück.
    Leider muss ich aber seit 6 Monaten an mir feststellen das ich immer wieder schnell aggressiv werde, gestresst bin, mit mir und meinem Umfeld unzufrieden bin und viel zu schnell die Beherrschung verliere. Fakt ist ich habe Angst meinem Kind gegenüber (welches sich ja jetzt am Anfang seiner "Trotz- und Ausprobierphase-Phase" befindet) Gewalt anzutun. Ich schreie leider öfters als früher mal los, meine Selbstbeherrschung bröckelt und ich bin schneller unruhig und gestresst. Habt ihr vielleicht Tipps wie ich an mir arbeiten kann, das es nie wieder zu gewalttätigen Aktionen meinerseits kommt? Für jeden Tipp und Erfahrungsbericht wäre ich sehr dankbar!

    LG

  2. #2
    Co-Moderator Avatar von Neelix65

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    AW: Angst vor eigener Wut/Aggression

    Hallo niemandbestimmtes,

    sicher gibt es "Tricks" ... Möglichkeiten mit Aggressionen und Wut umzugehen ... habe in der Hinsicht selber das ein oder andere Problem. Aber diese "Tricks" wirken nicht allein ... auf jeden Fall nicht dauerhaft und dauerhaft sicher!!!

    Diese Tricks wären z.B.:

    - körperlich bis zum Umfallen auspauern (Holz hacken, Sandsack, usw.)
    - Autogenes Training ... Atemtechniken und solche Sachen.
    - Wenn man einen Anfall nahen sieht ... Spazieren gehen, sich von der Aggressions-Quelle entfernen.

    Aber wirklich helfen können die nicht ... und wie du andeutest, bist du dir über die Konsequenzen (rechtlich wie persönlich) im Klaren ... solltest du auch nur EINMAL bei deinem Kind "austicken".

    Deshalb lautet mein Rat: Mach eine Therapie ... vielleicht sogar eine spezielle Aggressionstherapie (wenn auch nicht die welche in den JVA´s angeboten wird ).

    Wenn es keinen physischen (körperlichen) Grund für diese Schübe gibt - das sollte wirklich überprüft werden ... z.B. Labortechnisch - ist der Grund für Aggressionen im Prinzip immer ... Angst.

    Angst ...
    - ... der Vaterrollen nicht gerecht zu werden.
    - ... der Rolle als Ehemann oder Mann generell gerecht zu werden.
    - ... die (Selbst-) Kontrolle zu verlieren.

    usw.

    Also ist der beste Weg gegen Aggressionen vorzugehen, diese gar nicht erst hochkommen zu lassen ... in dem man die jeweiligen (für dich gültigen) Probleme 'hinter dem Problem' aufdeckt und beseitigt.

    Therapie UND "Tricks" zusammen können wunderbar helfen ... Tricks allein helfen nicht wirklich.

    Viel Erfolg
    Tschüssikovsky Neelix65
    ===================

    ERSTENS
    kommt es anders und ZWEITENS als man denkt!;)

  3. #3
    Noch neu Avatar von niemandbestimmtes

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    AW: Angst vor eigener Wut/Aggression

    Hallo.

    Danke für deine Antwort!!!

    Falls ich mich missverständlich ausgedrückt haben sollte, sorry aber ich bin kein Mann.

    Aber es stimmt schon das ich durch meine neue Rolle Angst habe zu versagen, wiederum hat diese neue Rolle mich auch sehr gestärkt, das es hoffentlich nicht mehr zu solchen Ausfällen kommt.
    Trotzdem kann ich es kaum erwarten wieder arbeiten zu gehen, da ich hoffe dadurch auch eine gewisse Ablenkung zu finden.

    Ich war vor 4 Jahren deshalb schon häufig bei einem Psychologen. Leider war es nicht die Person der ich mich vollständig öffnen konnte und habe dadurch wenig Vertrauen fassen können. Habe es mehr oder weniger im Alleingang versucht, mit dem Ziel vor Augen den Menschen der mir dato am nächsten stand nicht mehr weh zu tun. Gerade ich jetzt in Wut, versuche ich das Zimmer zu wechseln oder das gute alte "1 bis 10 oder bis 50 zählen", das mag auch helfen soweit ich mich nicht komplett vergesse. Doch früher hatte ich diese Sekunden um zu solch Entscheidungen zu gelangen nicht mehr und habe mehr oder weniger im Affekt gehandelt. Und genau das befürchte ich erneut.

    Kennst du oder irgendjemand evt. konstruktive Literatur die sich mit solchen Problemen beschäftigt und mir vielleicht helfen könnte?

    Danke.

  4. #4
    Co-Moderator Avatar von Neelix65

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    AW: Angst vor eigener Wut/Aggression

    Zitat Zitat von niemandbestimmtes Beitrag anzeigen
    Falls ich mich missverständlich ausgedrückt haben sollte, sorry aber ich bin kein Mann.
    Kein Problem ... ich würde ehr sagen ICH muss mich entschuldigen. Habe deinen ersten Post nochmal durch gelesen. Du hast in einem geschlechtsneutralen Ton geschrieben ... die Fehlinterpretation lag bei mir ... gesellschaftliche Scheuklappen nehme ich an . Bei Gewalt und Kinder geht "man" ja meist zuerst von einem Mann als "Täter" aus. Also ... Ich entschuldige mich für meine Nachlässigkeit, meine Annahmen zu überprüfen.

    Aber nun verstehe ich auch die Schwere deines Problems besser ... Leider (muss ich wohl sagen) reagiert die Gesellschaft wesentlich stärker wenn die Mutter einem Kind gegenüber aggressiv wird, als wenn dies ein Vater tut ... sozusagen wird er ehr wegen "höherer weil biologischer Gewalt" entschuldigt. Wenn also eine Mutter aggressiv zu einem Kind wird ist das viiiiieeeel schlimmer, da eine Frau "naturgemäß" sanft zu sein hat ... den armen, vom Testosteron geplagten Männern ist man ehr wegen der Tat nicht aber wegen dem Impuls böse ... Die Gleichberechtigung ist wohl noch nicht auf "genetischer" Basis umgesetzt ...

    Aber ich schweife ab.

    Die Tatsache, dass dir ein Psychologe/Psychiater (war das ein Mann oder eine Frau?) nicht helfen konnte ... sagt noch nicht, dass du keine/n finden kannst bei dem/der dir es gelingt dich zu öffnen. Falls es in der Vergangenheit also ein männlicher Facharzt war ... versuch es vielleicht mal mit einer Fachärztin.

    Oder versuch es mal mit einer Selbsthilfegruppe ... mit Leuten, die das gleiche oder ähnliche Probleme haben/hatten ... manchmal hilft das Wissen um ein gemeinsames Problem sich zu öffnen. Eine Möglichkeit wäre EmotionsAnonymous - dort findest du eine Liste mit Gruppen in deiner Nähe.

    Ich habe ja erwähnt, dass ich auch meine Probleme mit Aggressionen habe ... glücklicherweise äußern sich meine Probleme nicht in körperlicher Gewalt (mit Ausnahme zufällig anwesender Türen oder Möbelstücke) ... sondern ehr in lautstarken (sehr lautstarken) Brüll- und Heulattacken ... mein Problem damit ist ehr, dass ich wenn ich aggressiv bin lange nicht klar und folgerichtig denken kann ... und ich muss denken können um meinen täglichen Problemen Herr zu werden oder zu bleiben.

    Daher habe ich mich damals an meine Hausärztin gewandt ... die gleichzeitig eine psychiatrische/psychologische Zusatzausbildung hat. Im Grunde waren das Sitzungen von ca. 30 bis 60 Minuten Länge in denen wir die Situationen betrachteten in denen ich zu Aggressionen neige und einem intensiven Blick auf meine familiäre Geschichte ... warum ich das erzähle?

    Ich habe dabei (für mich) herausgefunden, dass Aggression (bei mir) immer dann auftritt, wenn das/mein Grundgefühl eigentlich Angst, Verzweiflung oder (momentaner) Verlust des Überblicks ist. Was den letzten Punkt betrifft: Damit meine ich den Zustand, wenn ich "keinen Plan" habe ... ich bin ein Mensch der, wenn er weiß wo es welche Hilfe oder Informationen gibt oder was er wann zu tun hat, sehr ruhig und zielstrebig ist. Wenn mir aber das Wissen "Wie geht es jetzt weiter" oder "wie könnte es jetzt weiter gehen" fehlt ... RUMMS: Aggressivität!!!

    Daher habe ich in den letzten Jahren dafür gesorgt (bzw. tue es immer noch) ...
    • ... dass ich alles was ich höre, sehe, lese oder erlebe ... abgespeichert wird. Selbst wenn ich eine bestimmte Information nicht speichern kann ... so doch das WISSEN "Da war mal was!" oder "Es soll doch so was wie ... geben?" ... und das beruhigt mich. Das Wissen, dass sich mir nicht die Frage stellen wird "Ist noch was möglich?" ... sondern "nur" "Was ... Wie ... woher ...". Und das beruhigt (mich) ungemein!!! Es stimmt schon: Wissen IST Macht (über sich selbst)!!!
    • ... dass alle Menschen, die öfter oder engen Kontakt mit mir haben, über mein Problem bescheid wissen! Nicht um mich "zu entschuldigen" sondern einerseits als Warnung und anderseits als Erinnerung, wenn ich plötzlich ... vom Thema ablenke, den Raum verlasse oder einfach "RUHE!" sage. Damit diese Leute nicht irritiert sind oder sich verletzt fühlen, wenn ich mich darauf konzentriere NICHT aggressiv zu werden. Das eliminiert (größtenteils) einen weiteren, verstärkenden Aspekt: Schuldgefühle. Welche die Aggressivität noch steigern können - oder nach innen wenden können, was wiederum steigernd wirken kann ... ein Teufelskreis.
    • Als drittes - und für mich am wichtigsten - habe ich mir vor Jahren angewöhnt Wut, Trauer, Verwirrung, Angst und (seelischen) Schmerz ... frühzeitig und kontrolliert "heraus zu lassen". Ich unterdrücke die Gefühle die zu Aggression führen nicht mehr oder "schlucke sie herunter" ... ich lasse sie frühzeitig, kontrolliert (in Zeitpunkt, Ort, Gelegenheit und Ausmaß) und BEWUSST heraus!!!

    Ich sehe es so:
    Aggressivität gehört zum Mensch-sein dazu ...
    aber sie kontrolliert mich nicht!
    ICH kontrolliere SIE!!!

    Also sind meine Tipps an dich:
    • Versuche weiterhin dir fachliche Hilfe zu holen.
    • Versuche dich mit Personen zu treffen und auszutauschen die die selben oder ähnlichen Probleme haben wie du.
    • Gehe offen damit um und weihe die Menschen die dir nahe stehen so gut es geht ein.
    • Finde heraus was DICH aggressiv werden lässt ... und wie du diese Aggressivität kanalisieren, umwandeln ... ja sogar nutzen kannst.


    Was Bücher mit entsprechender Lektüre betrifft ... kann ich dir leider nicht helfen ... da gibt es so viele "wie Sandkörner auf einem Strand". Und jedes dieser Bücher behauptet das Patentrezept zu haben ... Sorry
    Geändert von Neelix65 (15.04.2011 um 15:44:59 Uhr)
    Tschüssikovsky Neelix65
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  5. #5
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    AW: Angst vor eigener Wut/Aggression

    Für deinen ausführlichen Beitrag danke ich dir.

    Ich wollte nochmal direkt sagen das ich noch nie gegenüber meinem Kind gewalttätig war. Klar mal lauter angemeckert als notwendig, was natürlich auch nicht schön war, aber ich vermute das könnten 99 % aller Personen ebenso von sich sagen.
    Daher kann ich nicht behaupten aggressiv gegenüber meinem Kind (und auch Partner) zu sein, von körperlicher Gewalt ganz zu schweigen.

    Dennoch lieben Dank für deine Ratschläge. Ich sehe auch ein, dass eine Ursachenforschung gerade auf Grund meines bisherigen Lebens schon richtig wäre. Vielleicht versuche ich tatsächlich nochmal einen neuen Anfang beim Psychologen/Psychiater. Doch bis zum 1. Termin wird wieder viel Zeit vergehen da man leider ja so schnell keinen Termin erhält (bei meinem 1. Versuch musste ich 5 Monate warten, zu viel Zeit damals in einer Akkutsituation). Vermutlich sollte ich mir diesmal einen männlichen Vertreter suchen, da ich zu Frauen allgemein nicht/ nur schwer Vertrauen fassen kann.

    Aus Ausgleich sollte Sport sicher auch effektiv sein.

    Mich meinem Umfeld zu öffnen käme allerdings absolut nicht Infrage. Die (Familie, Freunde, Bekannte) sehen mich als einen völlig anderen Menschen da sich meine früheren Eskapaden lediglich gegen meinem Partner richteten. Allgemein gelte ich als ausgeglichen.
    Sicherlich könnte jetzt der durchaus kluge Vorschlag kommen ich sollte meine Partnerschaft überdenken aber wie schon erwähnt sind wir auf einem guten Weg bzw. körperliche Gewalttaten liegen über 2 Jahre zurück.

    Naja irgendwie wird es schon werden. Vielleicht mache ich mir mit meiner Angst erst recht nur unnötig selber Angst.

  6. #6
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    AW: Angst vor eigener Wut/Aggression

    Hallo,

    ich finde gerade wenn derzeit keine Akut-Situation herrscht, wäre es sinnvoll, den engsten Familienmitgliedern, dem Partner und den wichtigsten Freunden (mit der Zeit ... nicht alle auf einmal ) reinen Wein einzuschenken ... auch in Hinblick auf die "Ursachenforschung" (schöner Begriff übrigens ) ... Außenstehenden fallen oft Punkte auf, die man selber übersieht. Oder im Falle der Familie ... wissen sie Begebenheiten die dir nicht erinnerlich sind. Wie gesagt, ist meine Meinung.

    Falls du mit Wartezeit rechnen musst ... denk mal darüber nach, zwischenzeitlich einer Selbsthilfegruppe bei zu treten ... das könnte dann (sozusagen "flankierend") während der tatsächlichen Therapie unterstützend wirken ... vor allem wenn der Therapeut das weiß und in die Therapie mit einfließen lässt. Außerdem, kannst du dort lernen, wieviel du wem deiner Familie/Freunde/Partner von deinen Problemen erzählen kannst oder musst damit es dir hilft.

    Sport kann helfen ... allerdings sollte er der Situation angemessen und hilfreich sein ... wahrscheinlich weniger Ausdauer- und mehr 'Kraft'sport, bei dem du dich auspauern kannst ... in jungen Jahren war mir ein Steher Holz und ein Hackklotz mit Beil in der scheune der Großeltern immer eine große Hilfe ... und hat im Winter für Wärme gesorgt

    Wünsche dir viel Kraft und viel Erfolg
    Tschüssikovsky Neelix65
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