Ein Schritt weiter

Maßgeschneiderte Ernährung Extended



Vor einigen Monaten wurde als Erfahrungsbericht auf die Maßgeschneiderte Ernährung des kanadischen Autors John Berardi die Modifikation Maßgeschneiderte Ernährung Reviewed, in der erste Anpassungen vorgestellt wurden, um die Umsetzung im Alltag zu optimieren und dennoch die Ernährungsweise beizubehalten. In dieser zweiten Fortsetzung sollen Erfahrungen, die ich die letzten Monate mit Berardis Ernährungsweise gesammelt habe, weiter verarbeitet werden und das Konzept der Maßgeschneiderten Ernährung erweitert werden.

Doch fassen wir das bisherige kurz zusammen

Würde man von mir verlangen Berardis Gedanken in einem Satz zusammenzufassen, so würde ich vermutlich jederzeit auf folgendes Zitat aus Berardis Artikelserie zurückgreifen:
  • Die Leute neigen dazu sich am Anfang viel zu viele Gedanken über Kalorien, das Verhältnis der Makronährstoffe und andere Details zu machen, was aus meiner Sicht einfach nur verschwendete mentale Energie ist. Sich Gedanken über Kalorien oder Makronährstoffverhältnisse zu machen, wenn man gleichzeitig Mahlzeiten ausfallen lässt und grobe Fehler bei der Auswahl der Nahrungsmittel und beim Nährstofftiming macht, ist genauso sinnvoll, wie das gerade Hinstellen der Deckstühle auf der Titanic.

Berardi erschuf ein Grundgerüst aus Regeln, mit deren Hilfe eine optimierte Ernährungsweise möglich ist. Diese 7 Regeln lauteten:
  • Gewohnheit 1: Iss alle 2 – 3 Stunden.
  • Gewohnheit 2: Iss vollständiges, mageres Protein zu jeder Mahlzeit.
  • Gewohnheit 3: Iss mit jeder Mahlzeit Gemüse.
  • Gewohnheit 4: Iss Obst/ Gemüse bei jeder Mahlzeit. Iss andere Kohlenhydrate nur nach dem Training.
  • Gewohnheit 5: Iss täglich gesunde Fette.
  • Gewohnheit 6: Trinke keine Getränke (Erfrischungsgetränke, Bier, usw.), die mehr als 0 Kalorien enthalten.
  • Gewohnheit 7: Iss vollständige Nahrungsmittel wann immer dies möglich ist.

Berardi wies darauf hin, dass 90% der Mahlzeiten, die man in der Woche zu sich nimmt, diesen Prinzipien gerecht werden sollten, was bedeutet, dass man, vorausgesetzt man lässt keine Mahlzeiten ausfallen, durchaus drei bis fünf Mahlzeiten pro Woche erlaubt sind, in denen man auch einmal sündigen durfte. Sei es auch psychischen Gründen oder aus sozialen, weil man Oma nicht in einem langen Gespräch an ihrem 70. Geburttag erklären will, warum man plötzlich die Tupperdose auspackt, während alle andere vom fetten Sahnekuchen essen.

Obwohl ich von Berardis Artikel voll überzeugt war und seitdem jedem Anfänger mit gutem Gewissen die strenge Durchführung des Grundartikels nur nahe legen kann (ich wünschte, ich hätte diesen Artikel vor über zehn Jahren gelesen), empfand ich mich als Fortgeschritten und mündig genug, um Anpassungen für mich zu treffen.


Mit der
Maßgeschneiderten Ernährung Reviewed änderte ich die Grundregeln wie folgend:
  1. Iss alle 2-3Stunden.
  2. Iss mageres Protein zu jeder Mahlzeit.
  3. Iss mindestens zu vier Mahlzeiten Gemüse.
  4. Die Kohlenhydrate aus Gemüse, Obst, Milchprodukten und Brot mit niedrigem GI sind die einzigen erlaubten Kohlenhydrate.
  5. Iss gesunde Fette.
  6. Trinke keine kalorienhaltigen Getränke (Milch gilt an dieser Stelle als Nahrungsmittel).
  7. 90% der Mahlzeiten in der Woche müssen die zuvor genannten Punkte erfüllen.

Die näheren Begründungen zu den einzelnen Punkten kann der interessierte Leser im entsprechenden Artikel nachlesen.

Diese Anpassungen sind inzwischen fast ein halbes Jahr her und die Alltagsbewältigung stellte einen immer wieder vor neuen Herausforderungen und auch sonst empfand ich die Regeln der
Reviewed-Fassung als nicht mehr up to date. Zudem empfand ich eine Erweiterung der 90%-Regel als sinnvoll, doch dazu mehr im zweiten Teil.

Maßgeschneidert Extended

Zu erst sollen die neu modifizierten Regeln und damit mögliche Änderungen vorgestellt und näher erläutert werden. Die Grundregeln der Maßgeschneiderten Ernährung Extended lauten:
  1. Iss spätestens alle 2-3 Stunden. Iss mageres Protein zu jeder Mahlzeit.
  2. Iss zu mindestens vier Mahlzeiten Gemüse.
  3. Kohlenhydrate aus Gemüse, Obst und Milchprodukten sind uneingeschränkt erlaubt.
  4. Kohlenhydrate aus Lebensmitteln mit einer mittleren Glykämischen Last [geringer als 20] sind bei weniger als 45% der täglichen Mahlzeiten erlaubt.
  5. Kohlenhydrate des Postworkout-Shakes stellen eine Ausnahme dar.
  6. Trinke keine kalorienhaltigen Getränke.
  7. Iss zu jeder Mahlzeit gesunde Fette.
  8. 90% der Mahlzeiten müssen die zuvor genannten Punkte erfüllen.

Im ersten Teil der Erweiterung, die mit diesem Artikel dargestellt werden soll, hat sich augenscheinlich nicht viel geändert. Es gilt also die Details zu beachten, weshalb die einzelnen Punkte an dieser Stelle noch einmal genauer erläutert werden sollen.

Die erste drei Punkte entsprechen nach wie vor dem Originalkonzept sowie den Regeln der
Maßgeschneiderten Ernährung Reviewed, weshalb wir gleich weiter zu Punkt vier gehen. Lediglich die Zeitspanne zwischen den Mahlzeiten wurde nun verkürzt, falls entsprechend kleine Mahlzeiten genutzt werden und möglicherweise so weniger als zwei Stunden zwischen zwei Mahlzeiten vergehen – beispielsweise zwischen dem Postworkout-Shake und der darauf folgenden Mahlzeit.

Während in der
Reviewed-Fassung noch Brot mit niedriger GL an diesem Punkt erwähnt wurde, wurde die vierte Regel in dieser Extended-Fassung nun aufgesplittet. Kohlenhydrate aus Gemüse, Obst und Milchprodukten sind uneingeschränkt erlaubt und sollten nicht nur aufgrund einer großen Abwechslung reichlich und vielfältig in der täglichen Ernährung genutzt werden.

Der fünfte Punkt stellt nun die erste echte Erweiterung dar. Während bisher lediglich Brot mit niedriger GL erlaubt war, wird diese Regel nun ausgeweitet. Zu weniger als 45% der täglichen Mahlzeiten sind auch Kohlenhydrate mit einer mittleren Glykämischer Last erlaubt. Was auf den ersten Blick kompliziert klingen mag, ist der Praxis ganz einfach. Man teilt 100 durch die Anzahl der Mahlzeiten an einem Tag und multipliziert dies mit der Anzahl der kohlenhydratreichen Mahlzeiten. Das Ergebnis sollte niedriger als 45 sein.


Zwei Beispiele: Angenommen es werden sechs Mahlzeiten an einem Tag verzehrt, so könnten zwei Mahlzeiten an diesem Tag mit anderen Kohlenhydraten verzehrt werden, da 100/6*2=33,33% sind. Bei drei Mahlzeiten wären wir bei 50% und hätten somit die 45% überschritten. Bei sieben Mahlzeiten an einem Tag, ergäbe die Rechnung bei zwei Kohlenhydrat-Mahlzeiten 100/7*2=28,57% womit eine dritte Kohlenhydrat-Mahlzeit an diesem Tag möglich wäre.


Die 45% stellen dabei eine Grenze dar, die keinesfalls sofort ausgenutzt werden sollten. Vielmehr stellt die bisherige
Reviewed-Fassung die Grundlage dar, von der aus schrittweise die 45% genutzt werden können. Während ich zu Beginn erst einmal eine Mahlzeit an Trainingstagen empfehlen würde, wäre der nächste Schritt auch an trainingsfreien Tagen solch ein Mahlzeit zu ergänzen und möglicherweise nach und nach die 45% auszufüllen.

Dabei ist wichtig, dass die Erwartungen realistisch bleiben, man Geduld hat und selbstkritisch bleibt. Nur weil man in den letzten 60Tagen nicht 4kg zugenommen hat, bedeutet das nicht, dass die Kohlenhydrat-Mahlzeiten-Anzahl gleich blind heraufgesetzt werden soll, genauso wenig wie ein unnötiger Ansatz von toter Fettmasse im Sinne des Trainierenden sein sollte. Klassisches Bulking hat nichts mit einer gesunden Lebensweise und auch in keiner Weise etwas mit einer maßgeschneiderten Ernährung zu tun.


Dennoch ist durch die erlaubte, maximale glykämische Last von 20 nicht nur weiterhin die Möglichkeit vorhanden Glyx-Brot oder Pumpernickel im Speiseplan aufzunehmen, sondern die von vielen heiß geliebten Haferflocken in vorm von Haferschleim (mit Wasser gekochten Haferflocken) oder gekochte Vollkornnudeln oder brauner Reis können, müssen aber keinesfalls, Teil der Ernährung sein. Aber auch Diät-Ketchup oder Diät-Apfelmus können in überschaubaren Mengen so zu bestimmten Gerichten gegessen werden.


An dieser Stelle sei noch einmal darauf hingewiesen, dass diese
Extended-Fassung viel Aufmerksamkeit vom Leser bezüglich seines eigenen Körpers erfordert. Massephasen, in denen auf biegen und brechen Körpergewicht zugelegt wird, sind mittelalterliche Methoden, die sicherlich noch ihre Befürworter haben. Die Nutzer solcher Massewahnsinnsphasen sollten jedoch niemals behaupten sich maßgeschneiderten zu ernähren. Ich kann es nicht oft genug betonen: Die 45% Regel ist kein Freifahrtsschein zur Kohlenhydratmast!

Der sechste Punkt ist streng genommen ein weiterer Teil der Aufsplittung. Der Postworkout-Shake, der in meinem Verständnis durchaus eine Mahlzeit am Tag darstellt, darf durchaus, wenn gewünscht, Dextrose oder Maltose in angemessenen Mengen enthalten, ohne dabei von der 45% Regel betroffen zu sein.


Der siebte Punkt ist bereits bekannt, weshalb wir weiter zu Punkt acht wollen: Iss zu jeder Mahlzeit gesunde Fette bedeutet nun, dass über den Tag verteilt die gesunden Fette in kleinen Portionen zu sich genommen werden. Abgesehen davon, dass tierische Fett nur in Maßen genossen werden sollten, sollten zu jeder Mahlzeit gesunde Fette in Form von Leinsamen, Leinöl oder Fischöl zu sich genommen werden.


Die letzte Regel besagt, wie auch bisher, dass 90% der Mahlzeiten in der Woche der Ernährungsweise entsprechen sollen.


Die 36 Cheat-Tage

Doch nun ist es durchaus möglich, dass im realen Leben nicht alles maßgeschneidert abläuft und hier kommt sicherlich die interessanteste Änderung der Extended-Fassung zum Tragen. Diese ist kurz wie einfach und lautet, dass der volle Regelkatalog an 90% der Tage im Jahr eingehalten werden soll.

Was bedeutet dies nun? Das Jahr hat 365 Tage, demnach entsprechen 90% also 329 Tagen, oder anders ausgedrückt: An 36 Tagen im Jahr darf es zu Abweichungen kommen, wobei diese 36 Tage keinesfalls Freifahrtsscheine sind oder wie die 10%-Cheatmahlzeiten von exzessiven Fressgelagen den ganzen Tag über gekennzeichnet sind. Vielmehr sind diese 36 Tage im Jahr kostbare Puffer für den Urlaub, Wochenendebesuche bei den Schwiegereltern oder andere Gelegenheiten bei denen den gesamten Tag über andere für einen kochen und dabei nicht sicher gegangen werden kann, dass alle Regeln eingehalten werden.


Sei es, weil man nicht entsprechend Gemüse zu sich nehmen kann, im Urlaub auch ein paar Cocktails trinken möchte und das nicht nur ein einem einzelnen Tag oder anderer nur erdenkbare Gründe hat. Die 90%-Tageregel ist also ein Tribut an den Alltag und möglicherweise das Familienleben, das viele führen.


Was bedeutet das nun für die 90% Regel auf die Woche bezogen? Angenommen lediglich ein Tag in der Woche ist einer der 36 Cheat-Tage und es würden an den anderen Tagen 6 Mahlzeiten pro Tag geplant sein, so dürften bei 6*6=36 Mahlzeiten zu drei Mahlzeiten die Grundregeln der
Maßgeschneiderte Ernährung Extended außerhalb des Cheat-Tages nicht eingehalten werden. Ähnlich gilt die Rechnung für zwei, drei oder mehr Cheat-Tage in einer Woche.

Dank den 36 Cheat-Tagen pro Jahr ist es gerade Menschen mit Familie möglich ihre Gewohnheiten einzuhalten und dennoch zu besonderen Anlässen wie Urlauben oder Familienbesuchen sich nicht selbst stigmatisieren zu müssen. Die 36 Tage dienen demnach als sozialer Rückzugspunkt und sind lediglich eine Option, die keinesfalls ganz oder in Teilen genutzt werden muss.


Zusammenfassung

Die Maßgeschneiderte Ernährung Extended versteht sich als Weiterentwicklung der Maßgeschneiderten Ernährung Reviewed, weshalb erst einmal die Regeln der Grundversion erfolgreich für mehrere Wochen umgesetzt werden sollten, bevor nach und nach die Kohlenhydratmahlzeiten, die sicherlich für viele Leser interessant sein sollten, nach und nach eingeschlichen werden.

Das langsame Einführen dient dafür die Reaktion des Körpers genau beobachten zu können und so unnötige Formverluste und sinnlose Bulking-Phasen zu vermeiden. Eine Umsetzung im Alltag soll durch die neu hinzugefügten 36 Cheat-Tagen im Jahr erleichtert werden. Zudem soll mit Rezepten, sowieso einer Step-by-Step-Anleitung für diverse Mahlzeiten in einem kommenden Artikel
Maßgeschneiderte Ernährung – Umsetzung im Alltag dem Leser die Umsetzung weiter erleichtert werden.



Mille grazie, Senior Berardi!


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