Für mehr Beachtung

Ein paar Gedanken zum Thema: Salz und Wassereinlagerungen



In den letzten Jahren ist es ein weiterer Bestandteil unserer Ernährung zunehmend in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt und scheint auf dem besten Wege zu sein, Fett und Zucker, die bislang die klassischen Sündenböcke der modernen Zivilisationskrankheiten darstellten, ernsthafte Konkurrenz zu machen: das Salz.

Auf den ersten Blick gibt sich der allgegenwärtige Speisezusatz überaus harmlos. Er enthält weder Kalorien noch findet er in den Nährwertangaben, die im "Zeitalter der Verbraucheraufklärung" nahezu jede Verpackung zieren, nennenswerte Beachtung. Er verursacht kein Völlegefühl, kein Sodbrennen, keine Unruhe und hält sich in vielen Fällen auch geschmacklich sehr verdeckt. Dennoch sollte sich gerade in Bodybuilder-Kreisen die Erkenntnis durchgesetzt haben, dass ein maßloser Salz-Konsum verheerende Folgen nach sich ziehen kann.


Das von uns verwendete Kochsalz ist aus chemischer Sicht die Verbindung aus dem Alkalimetall
Natrium und Chlorid, einem negativ geladenen Ion des Elementes Chlor, das bei Verbindungen mit Metallen entsteht. Auf Grund der unterschiedlichen Atomdichten der beiden Bestandteile beträgt das Verhältnis etwa vier zu sechs, d.h. 1g Natriumchlorid besteht aus 0,4g Natrium und 0,6g Chlorid.

Kochsalz findet vielfältigste industrielle Verwendungen: Es dient z.B. der Laugengewinnung, Konservierung, Oberflächenveredelung, Wasserenthärtung, Reinigung usw. In den vergangenen 90 Jahren ist die Salzgewinnung und –nutzung weltweit um mehr als 2000% angestiegen. Dies ist zu erheblichen Teilen auch der starken Ausweitung der Lebensmittelproduktion und dem gleichzeitigen Anstieg der Verwendung von Salz in eben dieser geschuldet. Das hier zum Einsatz kommende Speisesalz, also Kochsalz, das nur für den menschlichen Verzerr bestimmt ist, kann in verschiedene Kategorien eingeteilt werden.

  • Meersalz - Dieses Salz wird per Verdunstungsverfahren aus Ozeanen oder Salzseen gewonnen. Da es weder raffiniert noch gebleicht oder mit Rieselhilfen versehen wird und zudem von Natur aus Reich an Jod, Brom und anderen Spurenelementen ist, sollte es bevorzugt verwendet werden.
  • Steinsalz - Bei diesem Salz handelt es sich im Prinzip ebenfalls um Meersalz, das Urmeeren entstammt und aus unterirdischen Stollen abgebaut wird.
  • Jodsalz - Jedes Salz, dem 15 bis 25 mg Jod je Kilo nachträglich zugesetzt wurde, darf als Jodsalz verkauft werden und wird als diätische Ergänzung bei Jodmangel und Schilddrüsenerkrankungen genutzt.
  • Gewürzsalz - Hierbei handelt es sich um Mischungen mit mindestens 15% Gewürzanteil wie z.B. Kräuter- oder Knoblauchsalz.
  • Halb-/ Diätsalz - Durch den Ersatz des Natriums durch Kalium, Magnesium oder Calcium entsteht ein Salzersatz, der sich in Farbe und Geschmack vom gewöhnlichen Kochsalz stark unterscheidet.

Salz, oder besser gesagt der darin enthaltene Bestandteil Natrium, ist für die Funktionsfähigkeit des menschlichen Körpers ebenso unverzichtbar wie Wasser. Salz reguliert im Zusammenspiel mit Kalium den Wasserhaushalt und sorgt somit für die notwendige Gewebespannung. Ferner fördert es die Erregbarkeit der Muskeln, aktiviert Enzyme und ist wichtig für das Knochengerüst. Salz ist auch in allen Verdauungssäften zu finden und spielt hier eine zentrale Rolle bei der Aufspaltung und Zersetzung der aufgenommenen Nahrung.

Im Körper befinden sich ca. 200g Natriumchlorid, das überwiegend im Körperwasser enthalten ist. Da dieses ständig ausgeschieden wird, ist eine tägliche Zufuhr von 3 bis 5g Salz notwendig, um den fortlaufenden Verbrauch zu kompensieren. Ein aktiver Sportler verliert durch die Schweißbildung beim Training zusätzlich 2 – 3g, gleiches gilt für stark schwitzende Menschen bei heißem Wetter oder Saunagängen. Auch dieser Verlust muss bei der Salzaufnahme Berücksichtigung finden, andernfalls stellen sich Mangelerscheinungen wie Schwindel, Schwächegefühl oder Kopfschmerzen ein. Generell ist jedoch zu betonen, dass nicht ein Mangel, sondern ein übermäßiger Konsum von Salz und eine damit einhergehende übermäßigen Aufnahme von Natrium in den Industrienationen zu einem erheblichen gesundheitlichen Problem geworden sind.


Es muss davon ausgegangen werden, dass der durchschnittliche Bewohner der gemäßigten Klimazone täglich 15 bis 30g Kochsalz zu sich nimmt. Er übersteigt somit die empfohlene Tagesmenge an Natrium um das Zwanzigfache. Allein in Deutschland kommt jährlich eine halbe Millionen Tonnen Salz mit steigender Tendenz zur Anwendung, fast drei Viertel davon durch die Nahrungsmittelindustrie. Das offensichtliche Salz aus dem Streuer oder auf den Salzstangen spielt mittlerweile eine völlig untergeordnete Rolle im Zusammenhang mit der Natrium-Epidemie.


Ein großer Teil des Speisesalzes wird aus gut verborgenen Quellen über die Nahrung konsumiert. 40% entstammen Brot- und Backwaren, 30% Fleisch, 8% aus Getränken, 7% werden über Milchprodukte, 5% über Gemüse und 4% über Fisch aufgenommen. Salz wird im Zuge der scheinbar bedenkenlosen industriellen Verwendung übermäßig in Fertigprodukten und Süßwaren verborgen. Natrium als Einzelakteur wird aber auch über Mineralwasser, Obstkonserven, Süßstoffe, Pudding- und Soßenpulvern und in diversen anderen Erscheinungsformen verzerrt. Diese Allgegenwärtigkeit bleibt nicht ohne Konsequenzen.


Viele Erhebungen konnten einen unmittelbaren Zusammenhang zwischen dem Salzkonsum und der Bluthochdruckrate in einem Land nachweisen. Die Japaner sind mit ca. 40g täglichem Salzverzerr pro Kopf weltweite Spitzenreiter und halten gleichzeitig auch den Rekord des höchsten Anteils an Bluthochdruckpatienten (und hierbei muss bedacht werden, dass Übergewicht, welches ja zweifelsohne ebenfalls einen auslösenden Faktor der Hypertonie darstellt, im asiatischen Raum kaum verbreitet ist).


Die japanische Küche ist traditionell durch eine sehr salzlastige Zubereitunsgweise gekennzeichnet, was beispielsweise an der Sojasoße ersichtlich wird. Forscher konnten in Laborversuchen nachweisen, dass Natriumchlorid die Bildung von Botenstoffen fördert, die die Muskelzellen an den Blutgefäßen kontrahieren lassen. Durch den somit erhöhten Widerstand entsteht der Bluthochdruck, der sich als Auslöser diverser Herz- und Kreislauferkrankungen zur Nummer Eins der häufigsten Todesursachen aufgeschwungen hat.


Die Beeinflussung des Wasserhaushaltes durch eine vermehrte Natriumzufuhr hat noch andere negative Konsequenzen für den menschlichen Körper. Jeder Dritte kann als sog. "Salzempfindlicher" eingestuft werden, das heißt er reagiert besonders empfindlich auf die salzbedingten Wassereinlagerungen ("Ödem"). Dies äußert sich z.B. in geschwollenen Gelenken oder Tränensäcken unter den Augen, aber auch in Unwohlsein und Blähungen. Zudem kann es zu einem erhöhten Verlust anderer wichtiger Mineralstoffen wie Magnesium oder Kalzium kommen, wenn die Nieren versuchen, das überschüssige Salz auszuscheiden.


Statistisch deutet sich außerdem ein proportionales Verhältnis zwischen dem Salzverbrauch und Übergewicht oder Fettleibigkeit an. Es wäre falsch hieraus zu schlussfolgern, dass Natrium dick macht! Vielmehr vermuten Experten, dass die Zusammenhänge daraus entstehen, dass viele salzhaltige Lebensmittel wie etwa Fastfood-Produkte gleichzeitig fettreich sind und einige Menschen dazu neigen, das salzbedingte Durstgefühl durch zuckerhaltige Getränke zu stillen. Auch wirkt Salz appetitanregend und kann somit zu einer erhöhten Kalorienaufnahme führen.


Für den Bodybuilder sind, gerade in der Wettkampfvorbereitung, die angesprochenen Wassereinlagerungen von Interesse. Sie bewirken ein weicheres und weniger definiertes Erscheinungsbild der Muskulatur. Es dürfte kein Geheimnis sein, dass viele Athleten bei der Zubereitung ihrer Speisen gänzlich auf die Verwendung von Speisesalz verzichten. Der Sinn hinter dieser asketischen Maßnahme liegt in einem Vorgang, der dem einen oder anderen noch aus dem Biologieunterricht in Erinnerung geblieben sein mag: die Osmose.


Bei der Osmose entsteht ein Molekülstrom durch eine einseitig durchlässige Membran zum Ausgleich von Konzentrationsgefällen. Vereinfacht ausgedrückt sind hierbei immer zwei Seiten beteiligt, von denen die eine mehr gelöste Teilchen enthält als die andere. Die Seite mit der geringeren Teilchenkonzentration verfügt über das größere chemische Potenzial. Durch die Membran wird aus dem Bereich, der über mehr gelöste Stoffe verfügt, so lange Wasser zum chemischen Potenzial fließen, bis ein Konzentrationsausgleich quasi durch "Verwässerung" entstanden ist. Da die Membranen für Wasser, nicht aber für die Moleküle durchlässig sind, erfolgt der Angleich der beiden Seiten also nur über den Wasserübertritt. Dies ist der Grund, warum Kirschen im Regen aufplatzen: trifft Regen auf ihre Haut (sprich die Membran), befinden sich durch den Zucker im Inneren der Kirsche mehr gelöste Teilchen als im äußeren Regenwasser. Dieses strömt zum Konzentrationsausgleich in die Zellen der Kirsche, so dass diese platzen muss.


Die Osmose ist auch das zentrale Stichwort bei der Regulierung des Wasservorkommens im menschlichen Körper. 40% des Körperwassers befinden sich in den Zellen, der restliche Anteil in den Zellzwischenräumen, z.B. dem Bindegewebe, und im Plasma. Die Teilchenkonzentration im extrazellulären Wasser wird zum Großteil durch dessen Natrium- und Chloridgehalt, also anders gesagt durch unsere Salzaufnahme bestimmt. Erhöht sich der Salzgehalt im Körperwasser, entströmt folgerichtig Wasser aus den Zellen und wird im Körper gebunden. Richtwerte geben an, dass 1g Salz 100g Wasser auf diese Weise bindet. Dieser Mechanismus ist hochfunktional und sichert u.a. die lebenswichtige Konstanz des Zellinnendrucks. Aus optischer Sicht mag er vielen Bodybuildern ein Dorn im Auge sein.


Sowohl aus sportlicher als auch aus medizinischer Sicht ist eine Reduktion des Salzkonsums praktisch jedem ans Herz zu legen. Erstaunlicherweise konnte bislang in keinem Chemielabor der Welt der charakteristische Geschmack des Natriumchlorides nachempfunden werden, so dass es bis heute keine Austauschstoffe, wie sie für Zucker und sämtliche andere Geschmäcker existieren, gibt. Aber dies stellt nur auf den ersten Blick eine Hürde auf dem Weg zur salzarmen Ernährungsweise.


Es ist bewiesen, dass Lebensmittel durch den Verzicht auf Salz ihre natürlichen Aromen wesentlich besser entfalten. Wie so oft bei der Ernährungsumstellung gilt hier, die Geschmacksnerven an die neuen Eindrücke zu gewöhnen. Der Verzicht auf das gewohnte Salzen der Speisen muss keinesfalls mit fadem Geschmack einhergehen. So kann Salz sehr gut durch Kräuter und Gewürze substituiert werden. Offensichtlich salzhaltige Lebensmittel wie Seefisch, Knabbergebäck, Gewürzgurken usw. sollten nur eingeschränkt verzerrt werden. Zudem ist zu bedenken, dass stark verarbeitete, Lebensmittel, etwa Tiefkühlprodukte, meist große Salzmengen in versteckter Form enthalten.


Nach Schätzungen nehmen wir nur etwa 10% des Natriumchlorides aus dem natürlichen Salzgehalt des Essens zu uns, der überwiegende Teil ist demnach den Zusätzen der Nahrungsmittelindustrie zu Konservierungszwecken zuzuschreiben. So enthält eine Tomate von Natur aus nur 10mg Natrium, während es bei einer Dosentomatensuppe schon 1200mg sind. Auch die verzerrfertigen Fleisch- und Wurstprodukte sind stets reich an Kochsalz. 100g Rohschinken beispielsweise übersteigen den Tagesbedarf fast um das Doppelte. Wer also hier aus Zeit- oder Bequemlichkeitsgründen zugreift, sollte sich diesen Aspekt vor Augen führen. Wer sich statt der 500g-Packung küchenfertig gewürzter Putenbrust aus der Tiefkühltruhe für die Alternative aus der Frischfleischtheke entscheidet, bezahlt zwar ein paar Euros mehr, hat dann aber die Gestaltung des Salzzusatzes selbst in der Hand. Nebenbei bemerkt macht die typische Flüssigwürzung im erwähnten Fertigprodukt oft bis zu 10% des Gesamtgewichtes aus und verdampft bei der Erhitzung logischerweise zu großen Teilen, wodurch letztlich, um hier ein kleines rhetorisches Gleichnis zur Politik zu wagen, "weniger Netto vom Brutto bleibt".


Weitere alltagstaugliche Tricks zur Verminderung der Natriumaufnahme bestehen in der richtigen Wahl des Mineralwassers. Stilles Wasser enthält generell weniger Natrium als kohlensäurehaltiges, wobei auch hier von Hersteller zu Hersteller große Unterschiede bestehen. Der Zusatz "natriumarm" auf dem Flaschenetikett sollte beachtet werden. Im Handel sind Sorten mit weniger als 8mg Natrium je Liter zu finden.


Auch der Verzicht auf die Einnahme von Süßstoffen auf der Basis von Natriumcyclamat, die z.B. häufig für zuckerfreie Softdrinks verwendet werden, kann einen Beitrag zur Minderung der Natriumaufnahme leisten.


Abschließend bleibt zu sagen, dass Salz nicht zum nächsten Bauernopfer der allgemeinen Schieflage in unseren Essgewohnheiten auserkoren werden sollte. Die Gründe der Fehlentwicklungen sind vielschichtig und in ihren Resultaten noch nicht abschließend erforscht, so dass keine weitere Nährstoff-Phobie angebracht wäre. Vielmehr verhält es sich mit dem Salz wie mit allen anderen Stoffen: Sie sind zu bedeutend, um verteufelt zu werden, aber im fortwährenden Übermaß konsumiert bewirken sie gesundheitliche Störungen. Gelegentliche Fehltritte werden vom Körper gewiss ebenso verziehen wie der Schummeltag in der Diät. Dennoch sollte, gerade beim aktiven Bodybuilder, ein Bewusstsein für den richtigen Umgang mit Natriumchlorid zum guten Ton gehören.


gedruckt am 07.06.2011 - 19:30