Das German Barbell Training

1. Einleitung1.1 Zur Idee

Der Gedanke zu diesem Trainingshybriden, der im folgenden Artikel vorgestellt werden soll, kam mir vor einigen Monaten am Ende meiner ersten KDK-Wettkampfsaison. Ich hatte das Maximalkrafttraining schätzen gelernt und Systeme wie das WestSide Barbell nicht nur theoretisch verstanden, sondern auch in der Praxis an meine Bedürfnisse angepasst.

Ich betreibe seit inzwischen mehr als 10 Jahren Sport mit intensiveren wie weniger intensiven Phasen. Dennoch bin ich wohl kein Vollblut-Powerlifter wie manch anderer. Genauso wenig, wie ich jemals Ironman, Bodybuilder oder A-Kader Ringer zu Beginn meiner Sportzeit geworden wäre. Ich bin kein genetischer Freak. Nicht annähernd. Meine Erfolge musste ich mir schon immer erkämpfen und was bei vielen gut funktionierte, brachte mich nicht weiter. Dennoch bin ich sportbesessen und leistungsorientiert und habe vermutlich schon mehr Wettkämpfe in mehr als einer Sportart zum Teil sehr erfolgreich bestritten, als viele da draußen es wohl jemals tun werden.

Ich möchte das, was ich noch vor Monaten als Grenze für mich deklariert hätte, immer wieder erfolgreich überschreiten und auch meine Ansprüche an das folgende Trainingssystem waren nicht gering: Ich wollte neben einer Gewichtssteigerung mehr Maximalkraft, aber auch mehrKraftausdauer aufbauen.

1.2 Die Trainingssysteme und bisherige Erfahrungen

Wie bereits erwähnt und am Name eventuell bereits erkennbar, war mein Plan nichts vollkommen neues, sondern vielmehr ein Hybrid aus zwei Systemen mit diversen Anpassungen, die ich im folgenden näher erklären werde: dem WestSide Barbell System und dem German Volume Training. Meine Erfahrungen zu Beginn dieses Artikel mit dem WestSide System beschränkten sich auf wenige Monate in denen ich eine Adaption trainierte. Mit dem German Volume Training hatte ich zudem keinerlei praktische Erfahrungen. Nichts desto trotz hatte ich in der Vergangenheit bemerkt schneller Fortschritte zu erreichen, um so öfter meine Trainingseinheiten stattfanden. Das ist sicherlich ein wichtiger Punkt. Nicht jeder kommt damit klar. Jeder ist anders und ich kenne viele (zum Teil sehr erfolgreiche) Sportler aus den verschiedensten Sportarten, die sowohl dem einen als auch dem anderen Lager zuzuordnen wären.

2. Die Trainingssysteme2.1 Überblick

Im folgenden soll ein kleiner Überblick zu den zugrunde liegenden Trainingssystemen gegeben werden, der keineswegs erschöpfend sein wird, sondern lediglich in die Materie führen soll.

2.2 WestSide Barbell

Das WestSide Barbell Training ist wohl eine, wenn nicht die bekannteste Powerliftingtrainingsvariante auch außerhalb des Kraftdreikämpferlagers. In Anlehnung an Trainingstechniken von Athleten aus dem Ostblock führte Louie Simmons dieses Trainingssystem, dessen Geheimnis Periodisierung, aber auch speziell auf das Powerliftingequipment zugeschnittene Trainingseinheiten sind, im heute legendären Westside Barbell Club in Columbus, Ohio ein.

Louie, der, wie ich aus persönlicher Erfahrung sagen kann, ein absolut feiner Kerl ist und wohl mehr für das moderne Powerlifting getan hat, als die meisten anderen, ist noch heute mit über 50 Jahren aktiv dabei und hat bis heute eine wachsende Zahl an Anhängern gefunden. – Eine ausführliche Einführung zum WestSide Barbell Training findet ihr Andro-Exklusiv hier.

2.3 German Volume Training

Das German Volume Training basiert auf der zehn Satz Methode und wurde durch Rolf Freser, Nationaltrainer des deutschen Gewichtheberteams, in den 70ern bekannt. Ähnliches propagierte bereits Vince Gironda in den USA.

Das System diente zum Aufbau fettfreier Muskelmasse in der Off Season und wurde erfolgreich angewandt. Näheres dazu ist hier nachzulesen.

3. Die theoretischen Gedanken3.1 Überblick

Wie in Kapitel 2 erläutert, liegen die beiden System des WestSide Barbell und des GVT dem German Barbell Training zugrunde. Dies führt zu der Frage, was aus beiden Systemen übernommen wurde, was der Leser dieses Artikels sicherlich auch bereits mit hoher Erwartung lesen möchte.

Meine Anforderungen und Erwartungen waren, wie bereits zu Beginn erwähnt:
  • Steigerung der Maximalkraft
  • Steigerung der Kraftausdauer
  • Hypertrophie mit einer möglichst geringen Fettzunahme
Die Frage, die sich mir somit nun stellte, war: Welche Vorraussetzungen müssten theoretisch erfüllt sein, damit dies geschieht.

Im folgenden soll kurz darauf eingegangen werden. Eine ausführlichere Betrachtung ist im ersten Teil des WestSide Barbell Artikels ab Kapitel 3 zu finden.

3.2 Vorraussetzungen zur Erfüllung der Anforderungen

3.2.1 Steigerung der Maximalkraft

Die Maximalkraft ist wohl eine Sache, die, selbst wenn man wollte, mit beständigen Training nicht unberührt bleiben könnte und somit "fast von alleine" mit der Zeit verbessert wird. Neben der Tatsache, dass eine Steigerung der Schnellkraft, Kraftausdauer oder Reaktivkraft positiven Einfluss auf die Maximalkraft ausüben, gibt es zwei grundlegende Möglichkeiten die Maximalkraft zu steigern: Hypertrophie und Verbesserung der intramuskulären Koordination. Da Hypertrophie im folgenden noch kurz betrachtet werden soll, sei an dieser Stelle nur kurz auf die intramuskuläre Koordination eingegangen.

Intramuskuläre Koordination bedeutet einfach gesagt das Zusammenspiel von Muskeln und Nerven zu optimieren. Während ein Untrainierter lediglich 70% ihrer Absolutkraft abrufen können, kann durch ein gezieltes Training des Muskelzusammenspiels die Leistung auf bis zu 90% gesteigert werden.

Dieses ist auf zwei Wegen möglich: Zum einen durch Training mit hoher bis höchster Intensität, was an dieser Stelle nicht näher erläutert werden soll, da es keine Anwendung findet, und zum anderen durch Steigerung der Reaktivkraft.

Diese wird durch eine explosive, aber korrekte Übungsausführung aus einer Spannungssituation heraus gefördert. Beispiele wären somit das Springen aus der Hocke oder aber auch das Drücken aus der Ablage heraus.

3.2.2 Steigerung der Kraftausdauer

Die Belastungsintensität beim Kraftausdauertraining liegt bei 30-60% (maximal 70%), dabei kann entweder mit einer geringen Intensität von bis zu 40% und bis zu 30 Wiederholungen mit 1 Minute Pause zwischen den Sätzen gearbeitet werden, oder einer höheren Intensität, die bei 40-60% liegt und etwa 20 Wiederholungen bei 2 Minuten Pause nutzt.

3.2.3 Hypertrophie

Neben der Tatsache, dass eine Muskelschnittvergrößerung einen positiven Einfluss auf die Maximalkraft haben würde, wollte ich für mich persönlich nicht nur kräftiger werden, sondern auch kräftiger aussehen. Es mag eine gesunde Eitelkeit dabei im Spiel gewesen sein, aber was bringt einem der schönste Waschbrettbauch, den eine kleine Gewichtsklasse durchaus nebenbei mit sich bringen kann, wenn man im T-Shirt aussieht, als ob man kurz vor dem verhungern wäre. Ich denke es ist verständlich, was ich meine.

Im Bereich des Krafttrainings wird die Reizintensität bei 60 bis 85%, 5 bis 6 Serien pro Trainingseinheit bei 6 bis maximal 20 Wiederholungen pro Serie angesetzt, wobei zwischen den Serien 2 bis 3 Minuten Pause liegen sollten. – Vereinzelt wird sogar von einer Intensität von 40-60% ausgegangen, was zwar eine Annäherung an die Kraftausdauer bedeutet, für die Zusammenstellung des Trainingsystems aber umso mehr interessant ist.

3.3 Überblick der Fakten

Um den Verständnisprozess zu vereinfachen, sei an dieser Stelle noch einmal ein Überblick über die für die Überlegungen zum Trainingssystem wichtigen Fakten gegeben:

Ziel Intensität Wdh-Umfang Serien/Pausen Ausführung
Reaktivkraft (Zur Steigerung der Maximalkraft) Je nach Übung 4-8 3-5/ 3' explosiv
Kraftausdauer 30-60% 20-30 3-6/ 1-2' langsam
Hypertrophie (Zusätzlich dadurch Steigerung der Maximalkraft) (40-60%)
65-85%
6-20 4-6/ 2-3' langsam/zügig
4. Das Trainingsystem4.1 Überblick

Die Zusammenfassung aus Kapitel 3.3 zeigt deutlich, dass eine Zusammenfassung aller drei Ziele ohne weiteres nicht möglich ist und nur auf Kosten von Kompromissen eine Zusammenstellung eines Hybriden-Trainingssystems möglich ist. Wie diese sich genau zusammen setzt, soll im Folgenden erläutert werden.

4.2 Das German Barbell Schema

Für das German Barbell Training ergibt sich somit folgende Trainingszusammenstellung:

Intensität Wdh-Umfang Serien/Pausen Ausführung
50% 10 10/ 1' zügig

Durch die Intensität von 50% überschneiden sich die Intensitätsangaben von Hypertrophie und Kraftausdauer an ihren Polen. Der Wiederholungsumfang ist mit 10 Wiederholungen deutlich im Bereich der Hypertrophie anzusiedeln. Die hohe Satzzahl von 10 und die kurzen Pausen von gerade einmal 60 Sekunden führen allerdings wieder zu einer parallelen Verbesserung der Kraftausdauer. Als Ausführungsgeschwindigkeit ist an dieser Stelle ein zügig angegeben. – Das bedeutet in der Praxis, dass die Übungen zwar sauber, aber nicht zu langsam ausgeführt werden sollen.

Diese Trainingszusammenstellung lässt allerdings die Reaktivkraft bisher praktisch außen vor. Um diese zu trainieren, und die Maximalkraft somit durch eine gesteigerte Hypertrophie als auch durch eine verbesserte Reaktivkraft zu erhöhen, wird zusätzlich zu den Hauptübungen an zwei Tagen der Woche ein Reaktivkrafttraining absolviert.

Zudem bezieht sich die Satzzahl 10 lediglich auf die Hauptübungen an zwei Tagen in der Woche, so dass alle anderen Übungen mit lediglich fünf Sätzen absolviert werden.

Was an dieser Stelle vielleicht etwas kompliziert klingt, soll im folgenden näher erläutert werden.

4.3 Die Trainingstage

Wie bereits erahnt werden kann, ist das GBT ein Trainingssystem, dass auf vier Trainingstage in der Woche ausgelegt ist. Dabei wird neben der 10x10 und den Reaktivkrafttagen ähnlich wie im WSB zwischen Unter- und Oberkörpertagen unterschieden, so dass folgende Zusammenstellung entsteht:

Wochentag Tag 1 (Montag) Tag 2 (Mittwoch) Tag 3 (Freitag) Tag 4 (Samstag)
Körperbereich Unterkörper Oberkörper Unterkörper Oberkörper
Methode 10x10 10x10 Reaktivkraft Reaktivkraft

Ähnlich wie beim WSB werden Übungen für den unteren Rücken auch hier am Unterkörpertag, für den oberen Rücken dagegen am Oberkörpertag absolviert, wie im Laufe dieses Artikels allerdings noch bei der Übungsaufteilung gezeigt werden soll.

4.4 Die Trainingstage im Detail

Dadurch ergibt sich für die Trainingstage folgende Aufteilung

Übungsart Übung (Arbeits-)Sätze/Wiederholungen
TAG 1 (MONTAG) – Unterkörper 10x10
Hauptübung Beinübung 10x10/ 1'
Unterstützungsübung A Beinbizeps/Rückenstreckerübung 5x10/ 1'
Unterstützungsübung B Bizepsübung 5x10/ 1'
Präventivübung Seitheben 5x10/ 1'
TAG 2 (Mittwoch) – Oberkörper 10x10
Hauptübung Brustübung 10x10/ 1'
Unterstützungsübung A Trizepsübung 5x10/ 1'
Unterstützungsübung B Oberer Rückenübung 5x10/ 1'
Präventivübung Reverse Butterfly 5x10/ 1'
TAG 3 (Freitag) – Unterkörper Reaktivkraft
Hauptübung Box-Beugen / Standsprünge 10x2/ 1' explosiv
Rest wie am Tag 1
TAG 4 (Sonntag) – Oberkörper Reaktivkraft
Hauptübung Bankdrücken 8x2/ 1' explosiv
Rest wie am Tag 2

4.5 Periodisierung und Rotation der Übungen

Um eine Adaption des Körpers möglichst lange hinaus zu zögern und andererseits dem Übertraining trotz dieses hohen Pensums möglichst aus dem Weg zu gehen, werden die Hauptübungen wöchentlich gewechselt. Ich persönliche hatte mich für vier Beinübungen und drei Brustübungen entschieden, die im Rotationsprinzip gewechselt wurden.

Die Unterstützungsübungen dagegen blieben solange, bis 2-4 Wochen keine Steigerung mehr möglich ist oder es sogar zu einer kontinuierlichen Verschlechterung kommt. Dabei ist das eigene Körpergefühl des jeweiligen Sportlers selbstverständlich gefragt.

Die beiden Präventivübungen hingegen bleiben und müssen auch nicht bis zum Muskelversagen ausgeführt werden, da der Hauptaspekt, wie der Name schon sagt, auf der Vorbeugung von Verletzungen im Schulterbereich liegt, die man keineswegs unterschätzen sollte, selbst wenn man bis jetzt davor verschont blieb.

Eine Gewichtssteigerung um 5% erfolgt, sobald die kompletten 100 bzw. 50 Wiederholungen absolviert werden konnten, in der darauffolgenden Einheit.

4.6. Beispielplan

Wie sieht also nun ein Beispieltrainingsplan aus? – Wie bereits unter 4.4 zu erkennen ist, wurde für die Übungen keine wirkliche Beschränkung gegeben. Hier sollte der erfahrene Athlet zu der Übung greifen, bei der er das beste Gefühl beim Training bekommt. Sicherlich ist bei dem ein oder anderen hier zu Beginn ein wenig Ausprobieren gefragt.

Der Übersichtlichkeit wegen, sei an dieser Stelle dennoch ein Bespieltrainingsplan gegeben:

Übungsart Übung (Arbeits-)Sätze/Wiederholungen
TAG 1 (MONTAG) – Unterkörper 10x10
Hauptübung Kniebeugen 10x10/ 1'
Unterstützungsübung A Beincurls 5x10/ 1'
Unterstützungsübung B Scott-Curls 5x10/ 1'
Präventivübung Seitheben 5x10/ 1'
TAG 2 (Mittwoch) – Oberkörper 10x10
Hauptübung Bankdrücken 10x10/ 1'
Unterstützungsübung A Trizepsdrücken Kabelzug 5x10/ 1'
Unterstützungsübung B Latzug eng auf Brust 5x10/ 1'
Präventivübung Reverse Butterfly 5x10/ 1'
TAG 3 (Freitag) – Unterkörper Reaktivkraft
Hauptübung Box-Beugen / Standsprünge 10x2/ 1' explosiv
Unterstützungsübung A Good Mornings 5x10/ 1'
Unterstützungsübung B Scott-Curls 5x10/ 1'
Präventivübung Seitheben 5x10/ 1'
TAG 4 (Sonntag) – Oberkörper Reaktivkraft
Hauptübung Bankdrücken 8x2/ 1' explosiv
Unterstützungsübung A enges Bankdrücken 5x10/ 1'
Unterstützungsübung B LH-Rudern 5x10/ 1'
Unterstützungsübung C Latzug eng auf Brust 5x10/ 1'

Als Rotationsübungen für die Hauptübungen bieten sich für den Unterkörper Frontkniebeugen, Kreuzheben, Sumo-Kreuzheben aber auch Good Mornings in verschiedenen Varianten an. Eventuell kann es dabei an bestimmten Tagen dazu führen, dass die Unterstützungsübung A ausgelassen oder variiert werden muss.

Für den Oberkörpertag bieten sich je nach Möglichkeiten enges Bankdrücken, JM-Press, Schräg-Bankdrücken, Negativ Bankdrücken oder auch Lockouts und Floorpress an. Ähnlich wie am Unterkörpertag bietet es sich an, bei einer trizepslastigen Hauptübung die Unterstützungsübung A am Oberkörpertag zu variieren.

Zudem wäre das Ersetzen von Reverse Butterfly durch eine weitere Rückenübung am Tag 4 eine gute Alternative.

4.7 Tipps, Tricks und Anmerkungen

Neben den bisherigen Hinweisen sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass das Stoppen der Zeit zwischen den Sätzen, sowie das Führen eines Trainingstagebuchs unausweichlich sein werden. In den Pausen gilt es in der Regel bereits nach 50 Sekunden an die Hantel zurück zu gehen, um die festgelegte Zeit von 60 Sekunden Pause zwischen den Arbeitssätzen möglichst nicht zu überschreiten.

Zudem sei auch noch einmal auf die Individualität eines jeden Einzelnen hingewiesen. Die Übungszusammenstellung ist kein Dogma. Vor allem die Zahl der Unterstützungsübungen kann auf eine oder drei modifiziert werden, genauso wie die Hauptübungen, die in Rotation genommen werden, individuell zusammen gesetzt werden können. Ich selbst brauchte auch einige Wochen, um einiges auszuprobieren und ein Gefühl für die für mich richtige Übungszusammenstellung zu bekommen.

Des Weiteren sollte zu Beginn lieber ein bisschen weniger, als zuviel Gewicht gewählt werden, so dass der Körper sich an die neue Belastung gewöhnen kann. Die Hälfte des Maximalgewichts mag sehr gering erscheinen und auf dem Papier nicht nach viel aussehen, aber 100 Wiederholungen innerhalb einer knappen viertel Stunde können gerade bei Übungen wie Kniebeugen oder Kreuzheben einem Nahtoderlebnis gleich kommen.

Zudem wird der ein oder andere vielleicht ein Bauchtraining vermissen. Sicherlich kann dieses noch an eine gewünschte Stelle eingefügt werden, allerdings dürfte es keine Notwendigkeit dafür geben. Die Bauchmuskulatur wird bei einer intensiven Trainingsform wie dieser bereits genug als Stützmuskulatur beansprucht und sollte daher keinem einzelnen Training bedürfen.

5. Regeneration und Supplementation5.1 Überblick

Der gesamte Trainingsplan bezieht sich auf einen Trainierenden ohne Unterstützung durch Medikamente. Ein entsprechend wichtiges Thema stellt somit die Regeneration dar. Für die meisten wird daher sicherlich das gesamte Trainingssystem entweder nur in modifizierter Form oder als intensive Phase während des Jahreszyklus möglich sein.

5.2 Schlaf

Während der gesamten Zeit, in der ich diese Trainingssystem nutzte, schlief ich täglich zehn Stunden. Diesen Luxus kann sich sicherlich nicht jeder erlauben, der neben dem Studium oder dem Beruf noch weitere Verpflichtungen hat, aber sollte dennoch Erwähnung finden, um die Durchführbarkeit für einen naturalen Athleten zu relativieren.

5.3 Ernährung

Das beste Training und der längste Schlaf bringen einem nichts, wenn die Nahrungszufuhr nicht im positiven Bereich ist, um an Körpergewicht zuzulegen. Daran soll an dieser Stelle nur noch einmal hingewiesen werden, gerade wenn es darum geht möglichst magere Masse zuzulegen.
Selbstverständlich ist eine Gewichtszunahme ohne Einlagerung von Körperfett ohne chemische Unterstützung utopisch, jedoch war das Ziel zumindest möglichst optimal die Zunahme zu gestalten.

Ich selbst hielt es sechs Tage die Woche so, sieben möglichst eiweißreiche und fettarme Mahlzeiten zu mir zu nehmen. Kohlenhydrate wurden möglichst komplex gewählt, wobei zum Training kurze Kohlenhydrate auf dem Plan standen. Sonntags dagegen war Fresstag, an dem auch Junk Food und Süßigkeiten auf den Tisch kamen und auch unter der Woche konnte es mal vorkommen, dass der ein oder andere Corny Riegel oder ähnliches als Snack dazwischen kamen. – Ein Leben in völliger Abstinenz ist also sicherlich nicht nötig, aber eine genügende auf den Tag verteilte Nahrungszufuhr essentiell für eine möglichst magere Gewichtszunahme.

5.4 Supplementation

Ohne an dieser Stelle Werbung für Supplemente machen zu wollen, sollte sich ein naturaler Athlet ins Bewusstsein rufen, dass jegliche legale Unterstützung für die Verbesserung der Regeneration während des GBTs genutzt werden sollte.

Was das im einzelnen für jeden ist, soll jeder Sportler für sich selbst entscheiden.

5.5 "Angst vorm Versagen"

Nach einigen Wochen bemerkte ich bei mir selber eine gewisse „Angst vorm Versagen“ in dem Sinne, dass ich vielleicht das Gewicht der Übungen nicht weiter steigern könnte. – Man sollte sich im Klaren darüber sein, dass man zum einen durchaus manchmal schlechte Tage haben kann und zum anderen gerade als naturaler Athlet nicht zwangsläufig jedes Training eine Wiederholung mehr schaffen kann. Auch wenn es nur eine von 100 ist.

Vor allem sollte dies nicht dazu führen, dass der Einzelne versucht abzufälschen oder auf Kosten der Technik das Gewicht weiter voranzutreiben. Sicherlich ist Abfälschen eine legitime Intensitätstechnik für erfahrene Athleten, die ihren Körper kennen. Dennoch sollte sie nicht als Vorwand genutzt werden, um weitere Wiederholungen, die man unter normalen Umständen nicht geschafft hätte, zu absolvieren.

6. Abwandlungen6.1 Überblick

Wie bereits mehrfach im Laufe diese Artikels herausgestellte wurde, ist jeder Mensch anders und stellt das Trainingssystem richtig ausgeführt eine enorme Belastung an den Körper dar. – An dieser Stelle sollen zwei mögliche Variations-Gedanken detaillierter vorgestellt werden.

6.2 German Barbell Training an drei Tagen

In der ursprünglichen Form wird das GBT an vier Tagen in der Woche trainiert. Wer aus Gründen der Regeneration oder aus mangelnder Zeit nur an drei Tagen die Woche zum Training kommt, könnte folgende Aufteilung nutzen:

Wochentag Tag 1 (Montag) Tag 2 (Mittwoch) Tag 3 (Freitag)
Körperbereich Unterkörper Oberkörper Brust Oberkörper Rücken
Methode 10x10 10x10

Dabei fällt das Reaktivkrafttraining weg und es wird ein dritter Tag für den Rücken speziell ergänzt, sodass folgende Änderung entsteht:

Übungsart Übung (Arbeits-)Sätze/Wiederholungen
TAG 1 (MONTAG) – Unterkörper
Hauptübung Beinübung 10x10/ 1'
Unterstützungsübung A Beinbizeps oder entfällt 5x10/ 1'
Unterstützungsübung B Bizepsübung 5x10/ 1'
Präventivübung Seitheben 5x10/ 1'
TAG 2 (Mittwoch) – Oberkörper Brust
Hauptübung Brustübung 10x10/ 1'
Unterstützungsübung A Trizepsübung 5x10/ 1'
Unterstützungsübung B entfällt
Präventivübung Reverse Butterfly 5x10/ 1'
TAG 3 (Freitag) – Oberkörper Rücken
Rückenübung 1 Lat-Übung 1 5x10/ 1'
Rückenübung 2 Rückenstreckerübung 5x10/ 1'
Rückenübung 3 Lat-Übung 2 5x10/ 1'

In dieser Variante würde nicht nur die Anzahl der Trainingstage um 1/4 gekürzt werden, sondern auch die Zahl der über die Woche durchgeführten Arbeitssätze erheblich verringt werden.

6.3 German Barbell Training für andere Sportarten

Für Sportarten, die Kraft und Ausdauer über kurze Zeitspannen gleichermaßen fordern, wie Beispielsweise Ringen oder Judo, ist ein unterstützendes Training mit dem GBT sicher nicht uninteressant.

Da die Reaktivkraft in den jeweiligen spezifischen Trainings bereits zur Genüge und deutlich besser trainiert wird und zusätzliches Hanteltraining lediglich unterstützend zur eigentlichen Sportart wirken sollte, könnte das System in diesem Fall auf die ersten beiden Tage reduziert werden.

7. AbschlussbemerkungAuch wenn es bereits mehrfach erwähnt wurde, so kann sei mir diese Bemerkung noch einmal erlaubt: Kein Athlet ist gleich! Ganz im Gegenteil. Was bei Athlet A funktioniert, kann bei Athlet B keinerlei Fortschritte erzeugen oder nicht die Gleichen. Das ist ein Punkt, der immer wieder im Kopf behalten werden sollte. Es hilft niemandem stupide irgendwelche Trainingsschemata zu befolgen, erst recht nicht, wenn dieses eine so hohe Belastung an den eigenen Körper stellt.

Trainingsplanung gilt klug gestaltet zu werden und dieser Hybrid wird sicherlich nicht für jeden etwas sein. Zudem gilt soll die Auflistung kein Dogma sein, sondern der Leser ist aufgefordert beim Ausprobieren des Systems durchaus Variationen der Übungen oder Übungsanzahlen für sich auszuprobieren.

Mir selbst allerdings brachte das ganze soviel Spaß am Training wie seit langer Zeit nicht mehr und die zu Beginn erhofften Trainingserfolge stellten sich auch ein. Dennoch ist das gesamte System aus meiner Sicht für Naturalsportler sicherlich nicht für 365Tage im Jahr geeignet. Wer dennoch langfristig einen Versuch durchführen will, sollte nicht nur die äußeren Umstände gut planen, sondern auch ruhigere Phasen in gewissen Abständen in Betracht ziehen.